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Clip’n’climb mit Cochlea Implantat oder

„Taub und trotzdem klettern“

Von Isabelle Wientzek

Wer Spaß am Klettern hat und immer mal wieder auf der Suche nach unterschiedlich schweren Herausforderungen ist, ist im Clip’n’climb in Karben absolut richtig.

Als meine 11-jährige Cousine mich fragte, ob ich – beidseitig mit Cochlea Implantaten versorgt - Lust hätte, mit ihr in das Clip’n’climb zu fahren, wusste ich erst einmal so gar nicht, was ich damit anfangen sollte. Also recherchierte ich über diesen Ort mit dem fancy Namen.

Die Google-Bildersuche spuckte daraufhin eine ziemlich schrill-bunte Kletterwelt aus. Überall blinken grelle Lichter, eine Kletterwand nach der anderen in bunten Farben, viele Attraktionen – das reinste Paradies für Kinder und Jugendliche, so schien es mir auf den ersten Blick.

Nun ja, ich klettere gerne – bin letztes Jahr auf die Zugspitze gewandert und hab den letzten Abschnitt mit dem Klettersteig abgeschlossen. Aber ob Clip’n’climb etwas für fast 29-jährige ist?! Ich weiß nicht. Ich mache es aber meiner Cousine zuliebe, es macht mir eine große Freude, wenn ich sie glücklich machen kann. Daher sagte ich schlussendlich auch zu.

In der grellbunten schrillen Kletterarena in Karben angekommen, sollte ich schnell eines Besseren belehrt werden. Nach der 30-minütigen Sicherheitseinweisung mit Erhalt der Klettergurte ging es dann an die Wände. Und ich habe das ganze völlig unterschätzt.

Clip’n’climb ist definitiv auch eine große Herausforderung für Erwachsene. Als ich die erste Wand hochkletterte, merkte ich doch recht schnell, dass ich eine ganz schön große Portion Kraft investieren musste. Aber hey, das hat mich total angespornt. Das einzig nervige an dem Kletterspaß war, dass wir die Masken durch die aktuelle Corona-Situation anbehalten mussten.

Für mich sind die Masken und das dadurch versteckte Mundbild ein großes Problem und damit spreche ich sicherlich nicht nur für mich, sondern für viele andere Hörbehinderte. Alltägliche Situationen, die man vorher vielleicht einfach gemeistert hat, fallen einem umso schwerer und man zieht sich vielleicht zurück. Das ist schade.

Aber auch hier bei meinem Klettererlebnis habe ich mal wieder eine Erfahrung gemacht, die mir zeigt, dass man sich von schwierigen Situationen, ganz egal welcher Art, nicht unterkriegen lassen sollte: Die Einweisung fand logischerweise auch mit Maske statt und ich hatte wirklich große Schwierigkeiten, der Trainerin in einem Raum, in dem es nur hallte, zu folgen, geschweige denn sie zu verstehen.

Ich machte sie also darauf aufmerksam, dass ich ein Hördefizit habe und große Schwierigkeiten mit den Masken habe. Und siehe da, sie war total verständnisvoll und nahm sich extra für mich noch einmal die Zeit, um mir ohne Maske und mit genügend Abstand die wichtigsten Regeln zu erklären.

Wenn ich solche Erfolge erzielen kann, macht mich das schon sehr glücklich. Im Prinzip kann man das sogar mit dem Klettern vergleichen. Steht man unten und schaut hoch und sieht den Berg oder hier in dem Fall die hohe Wand vor einem, erscheint einem das wie ein riesiges und mächtiges Hindernis, doch erklimmt man einmal den Fuß und arbeitet sich Schritt für Schritt voran, wird man belohnt. Und diese Belohnung bereichert einem das Leben!

Und so war es auch bei Clip’n’climb – zwar ein verrückter Laden mit viel Hintergrundgeräuschen, lauter Musik und jede Menge Action. Vielleicht ein bisschen viel für CI-Träger, aber dennoch kein Hindernis!

Es hat sich gelohnt. Ich bin (fast) so wie Reinhold Messner geklettert. Naja, fast. Man ist nie zu alt zum Klettern und das Clip’n’climb ist definitiv eine Herausforderung für Jung und Alt.

Ich bin also sehr froh, diese Erfahrung gemacht zu haben und kann dieses Klettererlebnis jedem weiterempfehlen. Und vor allem: Bleibt mutig und lasst euch nicht durch Masken oder andere Hindernisse die Lebensfreude nehmen!

Ich sage ja immer wieder, meine Cochlea Implantate sind meine besten Freunde, meine ständigen Begleiter und das ist, was mich ausmacht. Also, immer weiter so!

Wer mehr über meinen Weg wissen möchte, kann gerne meinen ersten Erfahrungsbericht nachlesen unter Mit beiden Ohren im Leben

Isabelle Wientzek

Januar 2022

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