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Hessenschau-Live-Chat

Hessenschau-Live-Chat am 20.12.2002

In unserem Freitags-Chat können Sie von 20.00 bis 21.00 Uhr zu diesem Thema mit unserem Experten, Herrn Dr. Jan Kiefer von der Universitätsklinik Frankfurt, chatten.

CIVHRM Willkommen im Raum hessenschau

Topic in diesem Raum: Unser Thema: Implantate für gehörlose und hörgeschädigte Personen

hessenschau2: DasOhr fragt:: Bei welchen Patienten kommen diese Implantate überhaupt in Frage?

Dr._Jan_Kiefer: Die Implantate können bei hochgradig Schwerhörigen eingesetzt werden.

Dr._Jan_Kiefer: Dafür sind Erwachsene geeignet, die einmal mehr oder weniger normal gehört haben und im Laufe des Lebens ertaubt sind sowie Kinder, die taub geboren wurden oder sehr früh ertaubt werden

hessenschau2: Sandra_B fragt: Seit wann wird in Frankfurt implantiert?

Dr._Jan_Kiefer: Seit 1987 wird in Frankfurt implantiert

hessenschau2: Stefanie_Weise fragt: Ich leide an einer Innenohrschwerhörigkeit und bin anerkannte Schwerbehinderte. Ist ein Implantat für mich sinnvoll?

Dr._Jan_Kiefer: Wenn auch mit bester Hörgeräteversorgung das Sprachverstehen schlecht bleibt, so sollte man die Möglichkeit bei Ihnen prüfen. Grundsätzlich lässt sich ein Implantat bei den meisten hochgradig Innenohr-Schwerhörigen erfolgreich einsetzen 

hessenschau: CIVHRM fragt: Dr.Kiefer, wie schätzen Sie die Öffentlichkeitswirkung des heutigen Beitrags ein? Glauben Sie, dass es gelingt, das CI bald in der Breite in den Köpfen der Gesellschaft zu verankern?

Dr._Jan_Kiefer: Ich hoffe sehr, dass die Möglichkeiten des Cochlea-Implantat noch besser bekannt werden, damit mehr Menschen davon profitieren können. Insofern ist der Beitrag sicher wichtig.

hessenschau2: Weitere Fragen?

hessenschau2: CIVHRM fragt: Wie schätzen Sie selbst die Bedeutung der Selbsthilfegruppen im CI-Umfeld ein ? Es gibt in Frankfurt ja eine entsprechende Patientenvereinigung, den Cochlear Implant Verband Hessen-Rhein Main...

Dr._Jan_Kiefer: Es ist sehr wichtig, dass CI-Träger sich untereinander kennenlernen, beraten und helfen können. Auch für die Vertretung nach außen hin ist ein solcher Verband sehr wichtig, z.B. wenn es um Kostenübernahmen durch die Krankenkassen geht. 

hessenschau2: andreas39 fragt: Bin seit Geburt hochgradigt schwerhörig, konnte mittels bester Hörgeräte mein bisheriges Lebens gut meistern und stehe in Berufsleben. Im letzten Jahr habe ich aufgrund eines Hörsturzes mein Gehör im linken Ohr verloren.( nahezu taub)...

hessenschau2: andreas39 weiter: Meine Frage: Könnte eine Operation einseitig Abhilfe schaffen, wo liegen die Risiken und wer zahlt ?

Dr._Jan_Kiefer: Wichtig ist, dass sie zumindest früher einmal etwas gehört haben (selbst wenn sie schwerhörig waren) und vor allem auch eine gute Lautsprache haben, dann kann man auch bei Ihnen eine Implantation durchführen.

Dr._Jan_Kiefer: Viele Patienten können auch Hörgerät und Implantat kombinieren hessenschau2: Helper fragt: Geht so etwas auch bei 15 Jährigen?

Dr._Jan_Kiefer: Dies geht auch bei 15 jährigen, aber kaum noch, wenn seit Geburt eine Taubheit vorlag, dann muss die Implantation früher im Leben erfolgen, am besten bis zum 4. Lebensjahr

hessenschau2: Helper ergänzt: Ich konnte bis kurz for 2 Jahren noch Hören. Wo wird das denn gemacht?

Dr._Jan_Kiefer: Dies wird an den Universitätskliniken angeboten, in Hessen bislang nur in Frankfurt

hessenschau2: CIVHRM fragt: Mit welchen Fortschritten rechnen Sie bei der Cochlear Implantation in den nächsten 3-5 Jahren

Dr._Jan_Kiefer: Wir haben in den letzten 10 Jahren eine kontinuierliche Verbesserung der Ergebnisse gesehen, ich hoffe, dies wird sich fortsetzen. Vielleicht wird es in 5 Jahren auch voll implantierbare Geräte geben.

hessenschau: andreas39 fragt: Wie und wann kann ich mich an Sie wenden? Und Helper fragt: Wo wird so einen Operation eigentlich gemacht?

Dr._Jan_Kiefer: Einen Untersuchungstermin können sie an der Universitätsklinik Frankfurt unter der Tel. Nr. 069 6301 5113 für die "Schwerhörigensprechstunde" vereinbaren. Eine Überweisung vom HNO-Arzt ist erforderlich

hessenschau2: Helper fragt auch: Wie fiel kostet den so etwas? Oder bezahlt die Krankenkasse das?

hessenschau: Weitere Informationen zur Klinik finden Sie unter http://www.kgu.de/hno 

Dr._Jan_Kiefer: Die Operation wird in der J.W. Goethe-Universität Frankfurt, HNO durchgeführt. 

Dr._Jan_Kiefer: Die Kosten werden von der Krankenkassen nach Prüfung der Indikation übernommen.

hessenschau: Sandra_B fragt: Wie sehen die Ergebnisse bei implantierte Kleinkinder bis zum ca. 4. Lebensjahr aus?

Dr._Jan_Kiefer: Bei früher Implantation können die Kinder eine nahezu normale Sprachentwicklung durchlaufen, sehr viele können dann normale Schulen und Kindergärten besuchen 

hessenschau2: Paspo fragt: Was für Probleme würden entstehen, wenn sich eine , Von Geburt an gehörlose 37 Jährige Frau sich ein Implantat einsetzen würde 

Dr._Jan_Kiefer: In einem solchen Fall könnte sie wohl etwas hören, aber wahrscheinlich keine Sprache verstehen. Die früheren Erfahrungen mit solchen Patienten waren leider nicht sehr ermutigend.

hessenschau2: CIVHRM fragt: Wieviele Operationen wurden in Frankfurt bisher durchgeführt und wie ist die Erfolgsquote ?

Dr._Jan_Kiefer: Wir haben bislang 380 Implantationen durchgeführt. Mit ganz wenigen Ausnahmen haben alle Patienten von der Implantation profitiert

hessenschau: andreas39 fragt: Habe gehört , dass von der eigentlichen Voruntersuchung bis zur der Operation eine lange Warteliste ansteht? Ist dies immer noch der Fall? 

Dr._Jan_Kiefer: Glücklicherweise haben wir keine Warteliste. Von der ersten Vorstellung bis zu einer Implantation vergehen bei Erwachsenen ca. 2 Monate, bei Kindern dauert es etwas länger, da die Diagnostik der Schwerhörigkeit und die Festlegung des genauen Schweregrades schwieriger ist.

hessenschau2: Ulrich fragt: Auch anwendbar bei Hörsturz mit 80% Hörverlust und jetzt vorhandenem Tinitus

Dr._Jan_Kiefer: 80% ist schon ziemlich hochgradig, Wir messen hauptsächlich das Sprachverstehen. Wenn dies unter 30% abfällt, sehen wir die Möglichkeit eines Implantates gegeben.

hessenschau: Sandra_B fragt: Was für Implantate werden in Frankfurt eingesetzt?

Dr._Jan_Kiefer: Der Tinnitus kann in einigen Fällen abgeschwächt werden.

Dr._Jan_Kiefer: Wir verwenden Hauptsächlich die Implantate der Firmen MED-EL, Cochlear GmbH (Nucleus) und Advanced Bionics (Clarion)

hessenschau2: Helper fragt: Wirkt so ein implantat auch bei einem desen Hörnerv durch eine Virusinfektion fast zerstört wurde?

Dr._Jan_Kiefer: Der Hörnerv ist glücklicherweise meist intakt, meistens ist nur das Innenohr schwer betroffen. Wir testen jedoch die Funktionsfähigkeit des Nerven vor einer eventuellen Implantation. Ohne Funktion des Hörnervens funktioniert auch das Implantat nicht.

hessenschau: ulrich fragt: Besitze digitales Höhrgerät. Stimmt genau, was Sie sagen. Höre Geräusche besser, aber keine Sprachverständlichkeit. Lässt sich hier aus Ihrer Erfahrung heraus etwas ändern.

Dr._Jan_Kiefer: Das kommt auf das Hörvermögen an. Ist es noch ausreichend gut, so können verschiedene Hörgeräte probiert werden. Hiflt kein Hörgerät weiter, so kommt nur noch ein Implantat in Frage.

hessenschau2: Paspo fragt: Haben ältere Gehörlose überhaupt eine Chance von den Implantaten zu profitieren?

Dr._Jan_Kiefer: Unsere ältesten Patienten sind über 80 Jahre. Sind die Menschen in diesem Alter noch geistig rege und lernfähig, so können auch sie sehr gut profitieren.

hessenschau: Helper fragt: Bis wie weit voraus muss man einen Termin machen? Das fragt auch ulrich.

Dr._Jan_Kiefer: Wir haben für einen ersten Untersuchungstermin ungefähr 4 Wochen Vorlaufzeit. 

hessenschau2: CIVHRM fragt: Setzen auch andere Kliniken in Deutschland diese Technik ein und wenn ja, seit wann ist sie verbreitet ? + Warum wird bisher praktisch ausnahmslos einseitig implantiert, während Hörgeräte beidseitig schon lange Standard sind ?

Dr._Jan_Kiefer: Implantationen werden an nahezu allen Universitätskliniken durchgeführt, es gibt jedoch ca. 5-6 größere Zentren, die viel Erfahrung mit Implantationen haben. 

Dr._Jan_Kiefer: Die beidseitige Implantation ist sicher von Vorteil, vor allem für Richtungshören und Hören bei Störgeräuschen. Allerdings ist die Kostenfrage noch nicht endgültige geklärt. Die Kassen entscheiden das im Einzelfall.

hessenschau: andreas39 fragt: Wer führt die Nachversorgung durch, und wie erfolgt die Anpassung in das alltägliche Leben?

Dr._Jan_Kiefer: Die Nachsorge ist sehr wichtig. Es muss ein Training mit dem Implantat erfolgen. Bei Erwachsenen meist ambulant, bei Kindern stationär. Wir haben vor 7 Jahren das Cochlear Implant Centrum Rhein-Main ins Leben gerufen.

Dr._Jan_Kiefer: Das CIC Rhein Main ist in Friedberg und spezialisiert auf die Rehabilitation nach Cochlea-Implantation.

hessenschau: ulrich fragt: Danke für die Vorabinformation. Melde mich wegen Terminabsprache. Schöne Feiertage und alles Gute für 2003.

hessenschau: Weitere Informationen zur Klinik finden Sie unter http://www.kgu.de/hno 

hessenschau: Hinweise zu Patientengruppen von Implantatträgern finden Sie unter http://www.gschwaninger.de/ohrenseite 

hessenschau2: Paspo fragt: Was bringt einem älteren Gehörlosen das Implantat?

Dr._Jan_Kiefer: Auch ältere Patienten können sehr gut vom Implantat profitieren.

hessenschau: Äffchen fragt: Herr Dr. Kiefer ich habe schon ein paar Mal vom Cochl. Implant Verband Hessen gehört, unterstützen Sie diese Arbeit auch?

Dr._Jan_Kiefer: Ich bin im Vorstand des Cochlear Implant Verband Hessen-Rhein Main aktiv tätig

hessenschau2: Andreas39 sagt: ): Ich melde mich auch wegen Terminabsprache. Schöne Feiertage und alles Gute für 2003.

hessenschau2: Äffchen fragt: Dr.Kiefer meinen Sie es ist möglich einen Kontakt zu einem Patienten herzustellen, der bereits ein Implantat trägt?

hessenschau2: Äffchen ergänzt: wohin kann ich mich wenden? Ist der Verband die richtige Adresse?

Dr._Jan_Kiefer: Im Verband können sie Informationen von bereits implantierten Schwerhörigen erhalten. Für die medizinischen Voruntersuchungen müssten sie sich an die Universitätsklinik wenden.

hessenschau: Hinweise zu Patientengruppen von Implantatträgern finden Sie unter http://www.gschwaninger.de/ohrenseite 

hessenschau: Haben Sie weitere Fragen?

hessenschau2: CIVHRM fragt: Warum wissen viele HNO-Ärzte bisher noch so wenig über das CI ? Auch bei Akustikern habe ich in der Vergangenheit trotz an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit keine Infos bekommen

Dr._Jan_Kiefer: Über das Thema CI wird schon bei vielen Kongressen gesprochen, dennoch glaube ich, dass auch viele HNO-Ärzte die Möglichkeiten des CIs noch unterschätzen und denken, es käme nur für vollständig taube Menschen in Frage

Dr._Jan_Kiefer: Akustiker haben natürlich auch ein gewisses Interesse, es solange wie möglich mit Hörgeräten zu probieren.

hessenschau2: andreas39 fragt: In wie weit kann man denn Sport mit CI machen ?

Dr._Jan_Kiefer: Man kann fast alles machen, Ausnahmen sind Wassersport (dafür muss der externe Teil natürlich abgenommen werden), oder Kampfsportarten.

hessenschau: CIVHRM fragt: Worin sehen Sie die wesentlichen Unterschiede zwischen den von Ihnen genannten Implantattypen. Auf welcher Basis wählt man aus?

Dr._Jan_Kiefer: Die Auswahl ist von vielen Faktoren beeinflusst, z.B. Elektrodenform, vorhandenes Resthörvermögen, Tragedauer des Hinter-dem Ohr-Sprachprozessor und natürlich auch den Präferenzen des Patienten.

hessenschau2: Sandra_B fragt: Das mit der Erstanpassung bzw. Basisreha bei Erwachsene wird von Klinik zu Klinik auch unterschiedlich gehandthabt! Woran liegt das?

Dr._Jan_Kiefer: Jede Klinik hat zum einen eigene Vorstellung, wie eine optimale Reha aussieht, zum anderen muss das Konzept auch die örtlichen Gegebenheiten berücksichtigen, z.B. die Zusammenarbeit oder Existenz eines REHA-Zentrums.

hessenschau: rolfian fragt: ich hätte auch noch eine Frage. Es ist bekannt, dass durch die Stimulation mit dem CI unerwünschte Nebenwirkungen auftreten können, z.B. Mitreizung im Gesichtsbereich durch die Elektroden u.ä.?

Dr._Jan_Kiefer: Für manche Erwachsenen ist z.B. eine ambulante Reha günstiger, für andere eine stationäre.

Dr._Jan_Kiefer: Zu Rolfian: Dies ist sehr selten der Fall, z.B. bei Missbildungen der Hörschnecke. Dies lässt sich meistens durch eine Programmierung des sogenannten Sprachprozessors beheben.

hessenschau2: CIVHRM fragt: Halten Sie die in der Hessenschau gezeigte Patientin mit ihren Erfolgen für eine "typische" Patientin ?

Dr._Jan_Kiefer: Die gezeigte Patientin gehört sicher zu den Patienten mit gutem Erfolg, ist aber keine Ausnahme!

hessenschau2: Äffchen sagt: vielen Dank für den Link ! Eine sehr interessante Homepage. Hier gibt es auch Kontakte zu CI Trägern wie ich sehen konnte.

hessenschau: Haben Sie weitere Fragen?

hessenschau2: Ulrich fragt: Ich bin WOLF-Heiztechnik-Verkaufsberater. Wie sieht es mit Verständlichkeit beim Telefonieren mit Handy oder Autotelefon aus?

Dr._Jan_Kiefer: Viele Patienten können mit Implantat telefonieren. Beim Handy gibt es jedoch bei manchen Typen Störgeräusche, das muss ein Implantatträger vorher testen. 

hessenschau: Weitere Informationen zur Klinik finden Sie unter http://www.kgu.de/hno 

hessenschau: Hinweise zu Patientengruppen von Implantatträgern finden Sie unter http://www.gschwaninger.de/ohrenseite 

hessenschau: Falls keine weiteren offenen Fragen sind, möchten wir uns herzlich für Ihr Interesse bedanken! 

CIVHRM (zu Moderator): Dr. Kiefer, Ihnen und Ihrem Team ein frohes Fest !!! 

hessenschau: Die hessenschau bedankt sich bei unserem Experten Herrn Dr. Kiefer.

hessenschau: Wir bedanken uns natürlich auch bei Ihnen für das Interesse und die rege Beteiligung!

Dr._Jan_Kiefer: Vielen Dank auch an die Hessenschau für ihren Beitrag!

hessenschau: Wir wünschen Ihnen schöne Festtage.!

hessenschau2: Affchen sagt: ich möchte mich zunächst einmal gut informieren, da nicht ich die Patientin bin, sondern mein Freund und er könnte sicher ein CI Kandidat sein schätze ich. Gegebenenfalls wende ich mich dann an Sie Dr.Kiefer

hessenschau: Einmal wird in diesem Jahr noch gechattet! Nächste Woche, am Freitag. Selbe Zeit, selber Ort!

hessenschau2: rolfian sagt auch: bedanke mich ebenfalls

hessenfernsehen: Auf Wiedersehen! 

hessenschau: Tschüß!

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Der CIV HRM stellt sich vor

Der CIV HRM stellt sich vor in der "Schnecke 38" vom Novemver 2002

Der CIVHRM stellt sich vor

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Der Mikropozessor im Ohr erspart das Hörgerät

Implantierte Elektronik öffnet Tauben die Tür zur akustischen Welt / Informationsveranstaltung in der Uniklinik

Dank einer modernen Computertechnik können viele Taube und Schwerhörige ihr Hörvermögen fast vollständig zurückgewinnen. Möglich macht dies die als "Cochlear Implantat" (CI) bekannte elektronische Innenohrprothese. In Frankfurt hat sich vor kurzem ein Patienten- und Ärzteverein gegründet, der CI bekannt machen will. Am Samstag, 12. Oktober, ist die erste Informationsveranstaltung.

FRANKFURT A. M. "Da läuft es einem kalt den Rücken runter: Du hörst ein unbekanntes Geräusch, fragst und dann heißt es, das sei das Schnarchen eines Hundes oder Vogelstimmen im Wald." Für Michael Schwaninger ist das kleine Gerät in seinem Schädelknochen ein Wunder. Der heute 34-Jährige litt seit der Pubertät an zunehmenden Hörstörungen. "So vor anderthalb Jahren grenzte mein Zustand dann fast an Taubheit", erzählt Schwaninger, der als Abteilungsleiter beim Frankfurter Pharmakonzern Merz arbeitet. Dennoch behielt er seine Stelle. "Merz war da sehr tolerant, aber das gilt nicht für alle Arbeitgeber."
Im Oktober 2001 begab sich Schwaninger zur Uni-Klinik und ließ sich die elektronische Hörhilfe CI implantieren. Heute spricht er ohne Stocken und Lautstärkeschwankungen, kann fast alles hören. Selbst Telefongespräche, in denen die Mimik des Gegenübers fehlt, sind kaum noch ein nennenswertes Problem für den Rodgauer. "Man muss natürlich schon ein bisschen technikfreundlich sein", meint Schwaninger. Ein Mikroprozessor unter der Haut, der Funkwellen einer externen Mikrofon-Sendeeinheit hinter dem Ohr in elektrische Reizströme umwandelt und an den Hörnerv weitergibt - das klingt wie Science Fiction. "Ist aber eigentlich nichts anderes als das, was ein Herzschrittmacher auch macht."
Und wie bei jeder neuen Prothese muss der Träger sich an die Hilfe gewöhnen. Das CI hört sich für operierte Schwerhörige anfangs ähnlich an wie schlecht übertragener Funkverkehr: erst einmal unverständliches, verzerrtes Gekrächze. Nach einer Phase des Einhörens versteht der Operierte dann plötzlich klar und deutlich formulierte Worte. "Aber natürlich läuft man mit einer Beinprothese auch nicht bei einem Marathon mit", sagt Schwaninger.
Viele CI-Operierte aber hoffen auf eine sofortige Wiederherstellung ihres Hörvermögens. "Für viele ist die erste Frage: ,Kann ich jetzt wieder telefonieren?'" Das dauert. Schwaninger hatte Glück, dass er nicht allzu lange taub war, Hörnerv und Hirn konnten sich schnell wieder ans Hören und Verstehen gewöhnen. Eine Bekannte Schwaningers, die seit fast 30 Jahren nichts hört, das CI länger trägt als er, ist noch nicht so weit. "Aber sie kann zum ersten Mal das Schreien ihres Enkels hören. Das macht sie schon wunschlos glücklich", erzählt Schwaninger.
Nicht jeder ist von CI begeistert. "Viele Gehörlose sehen das Implantat als Angriff auf ihre eigene Kultur. Die wollen auch oft nicht, dass ihre gehörlosen Kinder das bekommen, weil sie Angst haben ‚sie zu verlieren'", berichtet Schwaninger. Bevor die Gebärdensprache allgemein akzeptiert wurde, zwang man Gehörlose auch oft aus Ignoranz zum Erlernen einer Sprache der Hörenden. Die meisten Gehörlosen sind -
entgegen früherer Annahmen - nicht stumm, könnten also sprechen, wenn sie sich und ihre Umgebung hören würden.
Vor allem Kindern versuchen die Chirurgen schnell zu helfen. Eine Meningitis (Hirnhautentzündung) etwa kann schlagartig zum Hörverlust führen. Wenn Eltern rechtzeitig reagieren, muss ihr Kind vielleicht mit nur wenigen Tagen oder Wochen Taubheit leben. Um ein in der hörenden Welt normales Aufwachsen und eine fast volle Integration ins Arbeitsleben zu ermöglichen, übernehmen die Krankenkassen die 40 000 Euro für die Operation eines Ohres. "Dann hört man allerdings nur mono. Beim zweiten Ohr sträuben sich die Kassen teilweise noch", sagt Schwaninger.
Über gesundheitspolitische, medizinische und technische Aspekte von Gehörverlust und dessen Behebung will der im August gegründete "Cochlear-Implant-Verband Hessen / Rhein-Main" nun aufklären, dessen Sprecher Schwaninger ist. Viele behinderte Menschen wüssten noch nichts von der neuen Technik, die versuchsweise erstmals Mitte der achtziger Jahre zum Einsatz kam.
Eine erste Informationsveranstaltung in der Frankfurter Uni-Klinik ist am Samstag, 12. Oktober. Schwaninger wird aber nicht dabei sein. Er ist dann in Würzburg, wo ihm das zweite CI eingesetzt wird. Die freudige Erregung in seiner Stimme ist unüberhörbar.
Die Veranstaltung des Cochlear-Implant-Verbandes Hessen/Rhein-Main beginnt um 15 Uhr im kleinen Hörsaal der HNO-Klinik des Universitäts-Klinikums am Theodor-Stern-Kai. Kontakt zum CIV/HRM über Michael Schwaninger, Telefon 0 61 06 / 7 49 71, Fax 15 03 93 62, E-mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

Von Peter Rutkowski
Copyright © Frankfurter Rundschau 2002
Dokument erstellt am 10.10.2002 um 00:01:36 Uhr
Erscheinungsdatum 10.10.2002

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