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Welt der Kommunikation ist mit künstlichem Gehör wieder zugänglich - Hinterländer Anzeiger vom 03.11.2004

Welt der Kommunikation ist mit künstlichem Gehör wieder zugänglich

Von Yeter Yokaribas und Irmela Dörries-Müller
Tel.: (0 64 61) 92 81 44
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"Wer gehört hat, will wieder hören" sagt Brigitte Becker. Seit zwei Jahren hat die 51-jährige Hausfrau aus Herzhausen ein künstliches Gehör. Es bringt sie zurück in eine Welt der akustischen Kommunikation, aus der sie seit dem Jahr 2000 schleichend bis zum totalen Verlust der Hörfähigkeit ausgeschlossen war.
 
Dautphetal-Herzhausen. Eine Veranlagung zur Schwerhörigkeit habe es bereits in ihrer Familie gegeben, erzählt Brigitte Becker, die heute in einer Selbsthilfegruppe für Träger des künstlichen Gehörs (Chochlear Implantat) Menschen mit gleichem Schicksal berät und aufklärt. Mehrere kleine Hörstürze hätten bei ihr die Situation bis zum völligen Gehörverlust zu-gespitzt.
 
Zusammen mit der 24-jährige Sozialpädagogik-Studentin Melanie Kern (Holzhausen), ebenfalls Trägerin eines Cochlear-Implantats (CI) ist Brigitte Becker Ansprechpartnerin der Selbsthilfegruppe für die Träger eines solchen Gerätes.
 
Ein Cochlear-Implantat (CI) ist eine elektronische Hörhilfe, die bei Taubheit das Hören möglich machen soll. Das Cochlear-Implantat besteht aus drei Teilen: dem Implantat, der Mikrofon-Sendeeinheit und dem Sprachprozessor. Das Implantat wird bei dem operativen Eingriff hinter dem Ohr unter die Haut in ein Knochenbett gesetzt. Durch das Mittelohr werden Elektroden in das Innenohr eingeführt. Das Mikrofon nimmt Schallwellen auf und leitet sie über das Kabel zum Sprachprozessor. Dieser wandelt die aufgenommenen, akustischen Signale so um, dass sie als Sprache und Geräusche interpretiert werden können. "Natürlich ist man glücklich, wenn man wieder hören kann!" schildert Brigitte Becker ihre Gefühle nach der Operation. "Jedoch ist das Gerät erstmal gewöhnungsbedürftig! Es sind eben künstliche Laute und Geräusche, die man hört. Es ist ein Mikrofon-Hören, das jedoch mit der Zeit verschwimmt. Nach der Eingewöhnung griff mein Gehirn auf alte Stimmen zurück, und ich höre bekannte Stimmen wie früher" berichtet Brigitte Becker. Anfangs habe sie Schwierigkeiten gehabt, männliche und weibliche Stimmen zu unterscheiden. Auch Musik höre sich "nicht schön" an.
 
Ähnlich wie Träger "normaler" Hörgeräte haben auch Implantierte Schwierigkeiten, bei viel Lärm und Stimmengewirr zu differenzieren. "Doch das Implantat lässt sich viel besser einstellen." sieht sich die Herzhäuserin noch am Anfang der Optimierung. "Es verbessert sich ständig." Die Sozialpädagogik-Studentin Melanie Kern spricht davon, dass sich das "Erinnerungshören mit dem normalen Hören vermischt".
 
40 000 Euro Kosten 
 
Viele CI-Träger erreichen ein offenes Sprachverständnis. Das CI ist eine hochwertige Innenohrprothese. Die Kosten in Höhe von 40 000 Euro werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen. Im Anschluss an den operativen Eingriff erfolgt eine Phase der Rehabilitation und die "Technische Nacheinstellung" des Implantats. Diese Nacheinstellung ist ein Leben lang in regelmäßigen Abständen nötig.
 
Als Träger dieser CI-Implantate engagieren sich Melanie Kern und Brigitte Becker seit zwei Jahren aktiv in der Selbsthilfegruppe für das Gebiet Hessen und Rhein-Main. Seit Juni 2004 gibt es in Marburg die Cochlear-Implantat-Selbsthilfegruppe (CI-SHG), in der beide Frauen mit weiteren 20 bis 30 Mitgliedern bemüht sind, Aufklärung zu betreiben und Hilfesuchenden mit Rat und Tat unter die Arme zu greifen.
 
Die Gruppe ist ein privat organisierter Ableger des "Cochlear Implant Verband Hessen", der seinen Hauptsitz in Frankfurt am Main hat. Ertaubte erhalten bei den Treffen in Marburg auch medizinische Informationen von Dr. Carsten Dalchow, der seit etwa zwei Jahren das CI-Zentrum der Hals-Nasen-Ohren-Uni-Klinik in Marburg betreut.
 
Ebenso arbeitet die Selbsthilfegruppe eng mit den Universitätskliniken in Marburg und Frankfurt zusammen, die solche Eingriffe vornehmen. Die Uniklinik Marburg stellte der Gruppe auch die Bibliothek als Ort der Begegnung zur Verfügung.
 
Melanie Kern und Brigitte Becker berichten von zahlreichen Anfragen zu diesem Thema, die belegen, wie viele Menschen von einer Ertaubung im Laufe ihres Lebens betroffen sind und dringend Rat und Hilfe suchen.
 
Kontakt: Betroffene und Interessierte sind zum nächsten Treffen der Gruppe für Samstag, den 08. November, um 15 Uhr, in den „Lahngarten“ in Marburg-Wehrda geladen. Ansprechpartnerinnen für Hilfesuchende und Betroffene sind Brigitte Becker Tel.: (06468) 912 812, Fax: (06468) 912 666 mit folgender Emailadresse: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und Melanie Kern Tel.: (06468) 911 917, Fax: (06468) 7460
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