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CI- Erfahrungsbericht Teil 1

Vorgeschichte

Dass ich schlechter hörte, merkte ich zum ersten Mal 1992. Im Herbst 1994 bekam ich dann mein erstes Hörgerät. Es sollten eigentlich zwei sein, aber ich entschied mich nur für ein kleines Innenohrhörgerät. Es sollte ja nicht auffallen. Ich hatte ja immer noch ein Hörvermögen von 70 % und kam recht gut im Alltag zurecht. 1996 verschlechterte sich die Lage aber extrem. Ich war erst in der Uniklinik Marburg, dann in der Deutschen Klinik für Diagnostik in Wiesbaden und zum Schluss wurde ich in der Uniklinik Tübingen untersucht. Dort wurde ich 14 Tage stationär mit dem Verdacht auf eine Autoimmunkrankheit behandelt. In Tübingen wurde ich auch von den Ärzten auf die Möglichkeit eines CI bei mir angesprochen. Ich hatte inzwischen auch zwei neue Hörgeräte. Damit kam ich drei Jahre gut zurecht. Dann verschlechterte sich das Gehör wieder. Ich bekam Ende 1999 neue Hörgeräte. Bis Sommer 2001 ging es wieder gut, dann benötigte ich wieder neue Hörgeräte. Das ging wieder knapp zwei Jahre gut, dann merkte ich, es geht nicht mehr so weiter.

Auf der Arbeit bekam ich Zusehens Probleme mit der Verständigung und telefonieren ging auch kaum noch. Wenig später war telefonieren schon nicht mehr möglich. Jetzt ging es richtig los. Zu dem Problem, dass ich meinen geliebten Job aufgrund meiner Schwerhörigkeit nicht mehr ausüben konnte, kamen auch noch psychische Probleme hinzu. Die psychischen Probleme schlugen wiederum auf mein Restgehör, wodurch sich dieses noch weiter verschlechterte. Im Herbst 2004 bekam ich zweimal einen Nervenzusammenbruch. Ich war nun wirklich am Tiefpunkt angelangt. Mein Gehör war nun eine Taubheit mit Hörresten. Wie soll es nun weiter gehen. Dank meiner Familie und meinem Freundeskreis fing ich mich wieder. Nun musste ich aber was unternehmen. Im März 2005 wurde ich auf die Möglichkeit eines CI in der Medizinischen Hochschule Hannover untersucht. Auf beiden Ohren waren bei mir die Vorraussetzungen für ein CI erfüllt. Nun informierte ich mich im Internet und im Austausch mit Gleichbetroffenen, die bereits ein CI hatten, über meine Situation. Für mich war erstaunlich, um wie viel die CI–Träger besser hörten als ich mit meinen zwei Hörgeräten.

Nach wochenlanger Überlegung und intensiven Gesprächen mit meiner Familie, meinen Ärzten, meinem Freundeskreis und dem Arbeitgeber, wo ich nur positive Resonanz erhielt, nach dem Motto: „Mach es, du kannst nur gewinnen“, entschied ich mich endgültig für ein CI. Mitte August wurde von meinem HNO–Arzt die OP beantragt. Schon nach fünf Wochen bekam ich einen Operationstermin. Inzwischen besuchte ich noch ein „CI–Seminar“ in der Baumrainklinik in Bad Berleburg. Das Seminar bestätigte mir, dass ich mit meiner Entscheidung für ein CI genau richtig lag. Da ich ja den Wunsch hatte aus meiner Isolation herauszukommen und wieder mehr am Leben teilhaben möchte, gab es für mich keine Alternative.

Dienstag, den 25.10.2005

Nun ist es soweit. Mit der Deutschen Bahn machte ich mich auf den Weg zur Medizinischen Hochschule Hannover. Zwischen Hamm und Bielefeld stand der ICE 75 Minuten auf der Strecke. Das fängt ja schon mal gut an. Durch die Verspätung der Bundesbahn war ich erst um 12.00 Uhr in der Klinik. Nach der Aufnahme an der Pforte und auf der Station hatte ich das Gespräch mit dem Stadionsarzt. Nach allgemeinem Gespräch und Blutabnahme begab ich mich auf den Weg ins Hörzentrum. Dort wurde noch ein Hörtest durchgeführt. Das Ergebnis war wie immer: niederschmetternd. Es hat zum wiederholten Male bestätigt, daß ich taub bin und nur noch geringe Hörreste habe. Dann hatte ich noch einen Termin wegen der Wahl meines CI–Typs. Da ich mich nach langer Überlegung für das Implantat Nucleus mit dem Sprachprozessor Esprit3G von der Firma Cochlear entschieden hatte, blieb es auch bei meiner Entscheidung. Zurück in der Klinik hatte ich noch ein Gespräch mit dem Oberarzt. Es wurde entschieden, dass mein rechtes Ohr operiert wird. Da beide Ohren bei mir gleich schlecht sind und die Vorraussetzungen gleich waren, konnte ich mir das Ohr aussuchen. Nun erfuhr ich, dass ich morgen als erstes operiert werde. Das freute mich schon mal, da ich schon Bammel hatte vor einer eventuell langen Wartezeit vor der Operation. Nun war alles klar. Es wurde noch ein EKG durchgeführt, dann war der Tag für mich beendet. Auf dem Zimmer waren wir zu sechst. Das war zwar viel, aber die Kollegen waren alle in Ordnung. Ich hatte sogar einen Fensterplatz. Bisher war ich erstaunlich ruhig im Hinblick auf die Operation und die darauf folgende Zeit. Ich erfuhr noch, dass ich am nächsten Morgen um 7.00 zur Operation abgeholt werde.

Mittwoch, den 26.10.2005

Um 5.45 Uhr wurde ich von der Krankenschwester geweckt. Blutdruck und Fieber messen, dann wurde ich schon um kurz vor sieben Uhr abgeholt. Da ich ja meine Hörgeräte und meine Brille nicht tragen durfte, war ich doch ziemlich von meiner Umgebung abgeschnitten. Ich war aber immer noch die Ruhe selbst. Keine Angst, sondern mehr Erwartungsspannung wie es weiter geht. Im Operationsbereich angekommen, wurde ich nun zur OP fertig gemacht. Die Narkose wurde vorbereitet, ich schaute noch auf die Uhr, es war kurz vor acht, dann war ich weg. Im Wachraum wurde ich wieder wach. Es war 14.45 Uhr. Eine Krankenschwester kam direkt an. Obwohl ich ja nichts verstand, konnte ich mich mit Lippenablesen und Gesten gut mit Ihr verständigen. Ich fühlte mich so nicht schlecht. Es taten mir nur beide Oberarme weh, was wohl an der Körperstellung während der OP lag. Auf dem operierten rechten Ohr hatte ich nur einen wahnsinnig lauten Tinnitus. Tinnitus hatte ich ja immer, auch in unter-schiedlichen Lautstärken, aber so laut war er noch nie. Ich wurde dann aufs Zimmer gefahren, es war inzwischen vier Uhr. Ich schlief sofort ein. Um sechs Uhr wurde ich, da meine Zimmerkollegen ihr Abendessen bekamen, wach. Nun traute ich mich mein linkes Hörgerät zu benutzen. Es war für mich sagenhaft, dass ich damit noch hörte und mich auch verständigen konnte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Im Kopf war ich soweit klar, das operierte Ohr tat kaum weh. Ich stand nun auf und ging von der Krankenschwester leicht gestützt auf die Toilette. Das Gehen ging sehr gut, ich hatte keine Probleme mit dem Gleichgewicht oder Schwindel. Auch das hatte ich mir vorher schlimmer vorgestellt. Um acht Uhr stand ich dann wieder auf, setzte mich an den Tisch und bekam mein Abendessen. Das tat gut. Danach schaute ich mir noch ein Fußballspiel im Fernsehen an. Mir ging es soweit gut, nur der Tinnitus war immer noch so laut. Um elf Uhr bekam ich noch eine Infusion. Als die dann beendet war, versuchte ich zu schlafen. Aber ich war nicht müde, es gingen mir tausend Sachen durch den Kopf. Ich kam nicht zur Ruhe. So ging es die ganze Nacht weiter. Ich duselte mal ein bisschen, aber schlief nicht.

Donnerstag, den 27.10.2005

Am Morgen wurde der Verband gewechselt. Laut Stadionsarzt sah die „Wunde“ gut aus. Ich hatte auch so keine Schmerzen. Ich bekam jetzt Tabletten gegen den Tinnitus und Antibiotika zur Wundheilung. Um neun Uhr lief ich schon wieder alleine durch die Klinik und drehte meine Runden. Es wurde noch eine Röntgenaufnahme zur Kontrolle gemacht. Die Aufnahme war in Ordnung. Das Implantat und die Elektrode saßen richtig. Am Nachmittag besuchten mich meine Eltern und meine Schwester. Dies tat mir richtig gut. Nachdem ich die letzten Tage so ruhig war, fiel nun die ganze tagelange Anspannung von mir ab. In ruhiger Umgebung klappte die Verständigung mit meiner Familie gut. In geräuschvoller Umgebung wie z.B. im Cafe wurde es ein Mix aus Lippenablesen und Aufschreiben des Wortes. Da mir dies schon vorher klar war, kam ich damit gut zurecht. Nun war dieser Tag auch schon rum.

Freitag, den 28.10.2005

Morgens wurde der Verband gewechselt und am Nachmittag wurde eine Impedanzmessung durchgeführt. Bei dieser Messung hörte ich schon mal kurz einen Pfeifton. Die Messung war in Ordnung, das beruhigte mich schon mal sehr. Ich dachte „läuft doch alles gut bisher“. Der Tinnitus war jetzt auch wieder so laut bzw. leise wie vor der Operation. Da ich viel Zeit hatte, ging ich fast den ganzen Tag durch die Klinik spazieren und las auch sehr viel.

Samstag, den 29.10.2005

Morgens wieder Verband wechseln und das war es schon. Als „eingefleischter“ Schalke–Fan konnte ich mich am Nachmittag schon wieder über so etwas Belangloses wie eine Schalker Niederlage ärgern. Das war für mich ein gutes Zeichen. Es zeigte mir, dass ich schon wieder an normale Alltagsangelegenheiten denken konnte. Ich spazierte nun auch schon wieder bis zu einer halben Stunde an der frischen Luft durch die Klinikumgebung. Die frische Luft tat schon gut.

Sonntag, den 30.10.2005

Nachdem ich am Samstagabend eine Schlaftablette genommen hatte, schlief ich endlich mal eine Nacht gut. Morgens wurde dann wieder der Verband gewechselt. Den ganzen Nachmittag bis zum Abend waren meine Eltern bei mir. Das war sehr schön und ich fühlte mich inzwischen echt gut. Langsam kam auch die Hoffnung, dass ich bald nach Hause kann.

Montag, den 31.10.2005

Was war denn auf der Stadion los? Sonst kam die morgendliche Arztvisite spätestens um sieben Uhr, aber heute passierte nichts. Um viertel nach Neun war dann endlich Visite. Ich musste nun zum Ton testen ins Hörzentrum und nach Hause. Im Hörzentrum angekommen wurde mir von der Ingenieurin für den Test ein Sprachprozessor und eine Sendespule angeschlossen. Auf einmal hörte ich auf dem operierten Ohr wie langsam einen Pfeifton der dann lauter wurde. Der Test war bestanden. Ein Super Gefühl war das. Nun bekam ich noch meinen Termin, vom 5. – 9.12, zur Erstanpassungsphase und CI / ABI – Hörtraining. Als ich aus dem Hörzentrum raus bin, habe ich erst mal gejubelt und die Fäuste geballt. Für mich war die erste Phase überstanden, und zwar besser als ich vorher erhofft hatte. Nun folgten noch das übliche Verbandwechseln und das Abschlussgespräch mit dem Stadionsarzt. Um 16.30 Uhr ging es dann mit der Deutschen Bahn wieder nach Hause ins gute Siegerland.

Fortsetzung folgt...

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