Skip to main content

Lenas 2. CI

Vor kurzem wurde ich gebeten einen Erfahrungsbericht zu geben, ob aus meiner Sicht (aus der einer Mutter) die bilaterale CI-Versorgung zu bevorzugen wäre.

Die Frage könnte - einmal angenommen, dass die alte Weisheit „Kleine Kinder sagen die Wahrheit“ stimmt, schnell beantwortet werden. Denn unsere Tochter Lena, damals 4 Jahre jung, antwortete auf die Frage, ob denn ein oder zwei CI’s besser seien: „zwei“. Das ist doch eindeutig, oder?!

Aber vielleicht interessiert es Sie, wie wir zu dieser Überzeugung gelangten?

Zu der kleinen weisen Dame Lena gehören noch ihr 7jähriger Bruder, der Papa und ich, Christa, ihre Mama.

Als Lena geboren wurde, war für uns die Welt noch relativ in Ordnung. Immer wieder einmal wunderten wir uns über Lenas Reaktionen oder eben das Ausbleiben derselben. Wir wurden aber immer wieder u. a. auch von der Kinderärztin beruhigt.

Nach Lenas 1. Geburtstag wurde uns dann die Diagnose nach einer BERA erläutert. Lena hat einen Hörrest auf dem rechten Ohr von 100dB. Auf dem linken Ohr konnte nichts gemessen werden. Was das alles bedeutete, konnten wir noch nicht erahnen. In der Pädaudiologie der Uni-Klinik Frankfurt konnten wir alle unsere Fragen stellen. Die meisten wurden für uns kompetent, ausführlich und liebevoll beantwortet.

Sehr schnell war uns – nach einigen Gesprächen mit den Ärzten, Gesprächen mit Betroffenen und einer mit uns befreundeten Logopädin – klar, dass wir Lena gerne in die hörende Welt mit hineinnehmen möchten. Dies bedeutete für uns eben, dass Lena ein CI braucht. Die Entscheidung für die OP war schnell getroffen.

Obwohl ich durchaus sehr zwiespältige Gefühle dazu habe. Mein Vater ist an einem Hirntumor gestorben und mein Bruder musste 16 Stunden am Kopf operiert werden und hat seitdem erhebliche Einschränkungen.

Für uns war dennoch die Frage der OP sehr schnell beantwortet, mit der Entscheidung des Modells tat ich mir allerdings sehr schwer. Natürlich will man für sein Kind das Beste. Aber wie kann man als Laie beurteilen, was das Beste ist…?

Lena wurde also 5 Monate nach Diagnosestellung das erste Mal operiert. Es verlief alles sehr gut. Dank vieler Menschen, die in der Zeit an uns dachten und beteten, habe auch ich es sehr gut geschafft, die OP zu überstehen.

Die Erstanpassung bei Frau Crowley-Gall verlief auch sehr gut. Wir beobachteten die Freude bei Lena. Mein Mann beschrieb es mit den Worten: „Es ist etwas sehr schönes in ihr Leben hinzugekommen. Sie hat einen Gesichtsausdruck wie eine Verliebte“.

Im Krankenhaus hatten wir Kontakt zu einem Kind, das das zweite CI bekam und sich sprachlich durchaus mit unserem gleichaltrigen Sohn messen konnte.

Auch im CIC und durch das Buch über Lukas Kessler wurde die Frage nach einem zweiten CI bei uns immer lauter.

Zu der behandelnden Ärztin hatte sich inzwischen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, so dass ich sie um eine ehrliche Antwort bat, als ich fragte was sie denn machen würde, wenn sie Betroffene wäre. Sie antwortete „Ich würde mir sofort so zwei Dinger reinoperieren lassen“.

Dies wollten wir auch! Weil wir keinen Sinn darin sahen, weiter auf eine technische Verbesserung zu warten, während uns wichtige Zeit davonläuft, in der Lena mit „zwei Ohren“ (wie übrigens jeder sogenannte „normale“ Mensch auch) hören bzw. trainieren kann. Natürlich stellte sich auch die Frage, was ist, wenn ein CI einmal ausfällt, dann kann sie wenigstens mit dem anderen hören und so weiter.

Sieben Monate nach der ersten OP wurde Lena also das zweite CI implantiert. Die Anträge gingen ohne Probleme bei der Barmer durch. Wir erhielten große Unterstützung von Fr. Dr. Hey, die sich sehr dafür eingesetzt hat, alles schnell über die Bühne zu bekommen.

Die OP und Anpassungen verliefen wiederum recht gut. Die erste OP fand fast genau vor 3 Jahren statt. Die zweite war vor 2 ½ Jahren.

Inzwischen ist Lena ein kleines Plappermäulchen geworden. Sie lebt ganz eindeutig in der hörenden Welt. Ihr Medium ist die Sprache.

Eine gute Freundin, die Lena sehr gut kennt, erlebte Lena neulich ohne CIs. Sie war sehr überrascht, dass Lena ja eigentlich nichts hört. Für sie und für viele andere auch, ist Lena eine Hörende und Sprechende.

Ich kann Ihnen verraten, dass wir uns sogar daran freuen können, wenn aus Lenas Mund ein verständliches „du bist blöd“ kommt, denn es ist für uns nicht mehr selbstverständlich, dass Lena sprechen kann (und hier ist es auch für uns nicht nötig die Hilfe der Super-Nanny in Anspruch zu nehmen…).

Glücklicher Weise spricht sie aber auch andere Wörter und Sätze recht gut. So bestellt sie z.B. in Griechenland bei einem englisch sprechenden Kellner alleine eine Fanta und grüßt, unterstützt durch ihr charmantes Lächeln, je nach Ort mit einem „Hallo“, „Kalimera“ oder „How are you“.

Natürlich erleben wir die Grenzen leider recht deutlich, und auch Lena merkt langsam, dass sie eben etwas anders als andere Kinder ist.

Sie hat noch einen langen Weg vor sich, und wir bemühen uns, ihr nach unseren Möglichkeiten zu helfen, alleine in dieser Welt gut zurechtzukommen.

Und außerdem hat Lena neben uns noch viele, viele liebe und kompetente Helfer zur Seite und einen Gott, mit dem man, wie ein Zitat aus Psalm 18,30 besagt, „über Mauern springen kann“.

Ich wünsche auch Ihnen die rechten Helfer zur rechten Zeit.

  • Erstellt am .