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Ein steiniger Weg

Hallo liebe Leser/innen,

vor einiger Zeit berichtete ich in der Schnecke und auf der Ohrenseite über meine rechtsseitige CI-Implantation nach völliger Ertaubung durch Morbus Menière (ich bin beidseitig ertaubt, obwohl der Menière meist nur einseitig das Hörvermögen beeinträchtigt!) Der Artikel lautete "Ein steiniger Weg". Heute möchte ich Ihnen nun das vorläufige Ende des Märchens erzählen.

Am 13.06.02 war die CI-OP auf dem rechten Ohr. Am 15.07.02 erhielt ich den Prozessor und hatte die Erstanpassung, die mir die Tränen in die Augen trieb, als der Mitarbeiter von MED EL, Herr Lehning, mich fragte: "Können Sie mich verstehen!?" Ich konnte Ihn verstehen. Zwar war der Klang „wie durch eine Gießkanne gesprochen", aber ich konnte seine Worte verstehen!

Nach einigen Tagen wurde die Einstellung verfeinert. Und mein Hören wurde noch ein Stückchen besser. Und so war es nach jedem Einstellungstermin, es wurde immer ein klein wenig besser. Um ganz ehrlich zu sein, es ist nicht einfach Demjenigen, der die Einstellung vornimmt zu sagen, wie der Klang „zur Zeit" ist, und in welche Richtung die Klänge verändert werden sollten (höhere oder tiefere, dumpfere oder hellere). Man müsste noch mehr Wörter für die Klangfarben der Töne erfinden, um 100% genaue Aussagen machen zu können. Es ist als beschreibe man ein Gefühl!

Mit meinem neuen Hören war ich sehr zufrieden. Auf der Arbeit konnte ich wieder genaue Auskunft auf Fragen geben (allerdings nur, wenn mich der Kollege direkt ansprach und keine störenden Nebengeräusche (z.B. Drucker bei Ihrem Werk) zu vernehmen waren), und mit Freunden konnte ich wieder „babbeln" wie der Hesse sagt?. Allerdings machten mir die störenden Nebengeräusche zu schaffen.

Ende November frage mich der Ingenieur, der die Einstellungen vornahm, ob ich denn daran denken würde, die 2. Seite auch implantieren zu lassen? Im ersten Moment war ich sprachlos! Denn die 1. Implantation bei der Krankenkasse durchzusetzen war ein absoluter Kraftakt! So kam ich beispielsweise abends von der Arbeit nach Hause und sah, dass der Anrufbeantworter blinkte. Da ich ja völlig taub war (bin!), hatte ich keine Möglichkeit den AB abzuhören. Mein Mann erzählte mir dann, dass die Krankenkassenmitarbeiterin darum bat, dass ich zurückriefe! Mein Mann rief damals zurück (da ich die Möglichkeit nicht hatte!) und die Mitarbeiterin fragte, ob ich nicht wenigstens mal „ganz kurz" ans Telefon kommen könne, um einige Fragen zu beantworten!!!!!! NEIN, denn ich war taub! Nach einigem Bitten wurden mir die Fragen dann zugesendet und ich konnte sie schriftlich beantworten. Dann erhielt ich die Zusage zum ersten CI.

Ehrlich gesagt, nach dieser Anstrengung überhaupt EIN CI zu erhalten, hatte ich wenig Hoffnung, dass die Krankenkasse das 2. CI bezahlt!!! Aber ich wäre nicht ich, wenn ich es nicht zumindest mit einem kleinen „Schimmer Hoffnung" auf ein Wunder versucht hätte. Also hatte ich einen Hörtest und Gesprächstermin mit dem mich Erst-Implantierenden Arzt in Frankfurt. Dieser Arzt war sehr nett und verständnisvoll und wollte meine Bemühungen um das 2. CI nach Kräften unterstützen. Ich bekam einen „Sprachtest" und ein Schreiben mit, welches die 2. Implantation bekräftigen sollte.


Diese Unterlagen reichte ich bei meiner Krankenkasse ein (17.12.02). Leider erhielt ich ein Ablehnungsschreiben. Man (die Krankenkasse) hätte die Unterlagen zum Medizinischen Dienst weitergeleitet und dieser sei der Meinung, dass das 1. Implantat reiche für ein integriertes Sozialleben. Somit teilte mir die Krankenkasse mit, sie habe mit der Implantation der 1. Seite genüge getan und mir ein Leben in Gesellschaft ermöglicht.

Damit wollte ich mich allerdings nicht zufrieden geben! Ich wusste nur nicht, wie ich es anstellen sollte, mich gegen die Ablehnung zu wehren!?? Der Zufall wollte es, dass vom CIV HRM e.V. Frankfurt genau zu diesem Zeitpunkt eine Veranstaltung war, die über die weiteren Schritte bei einer Ablehnung durch die Krankenkasse Auskunft gab.

Und ich tat genau das, was ich gehört und gelernt hatte! Ich legte Einspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein. Nach einigen Tagen schrieb ich die Begründung meines Einspruches gegen den Ablehnungsbescheid der Krankenkasse und schickte das Schreiben sofort ab.

In der Post fand ich nach einigen Tagen ein Schreiben, dass man meine Begründung des Einspruches nicht akzeptieren kann, da diese von einem Arzt geschrieben werden muss!? Man teilte mir allerdings mit, dass ich mich doch an die BFA wenden solle. Natürlich habe ich auch dorthin geschrieben. Aber man hat bei der BFA meinen Antrag auf ein 2. CI an das Arbeitsamt weitergeleitet, weil man dort nicht zuständig war. Das Arbeitsamt schickte mir einen langen Brief inclusive einem Stapel Fragebögen, mit dem Schlusssatz, dass wenn es sich um eine Arbeitsplatzerhaltende Maßnahme handele doch das Integrationsamt zuständig sei….Es war ein Spiesrutenlauf, aber ich dachte nicht im Traum daran an dem „Papierkram" zu scheitern und aufzugeben!

Wie paradox, dass man die Begründung von einem Arzt verfasst haben wollte, obwohl ich doch schon ein Gutachten einer Uni-Klinik eingereicht hatte! Das erste Schreiben bezüglich eines 2. CIs wurde ja von einem Arzt verfasst! Und nun was sollte ich nun tun? Ich muss gestehen, dass mir nun Kommissar Zufall zu Hilfe kam! 

Auf einer weiteren Veranstaltung des CIV HRM lernte ich einen sehr netten und kompetenten Herrn kennen, der mir zu einem Termin in der Uniklinik Würzburg riet. Zu verlieren hatte ich ja nichts und so fuhr ich dort hin. Dieser Termin war am 17.03.03. Es wurden bis auf den Promontorial-Test (Hörnervtest) alle Untersuchungen durchgeführt. Ein langes und ausführliches Gespräch mit Herrn Dr. Müller, machte mir Hoffnung, denn ich stehe ja voll im Berufsleben und dies ist ein hervorragendes Kriterium wenn es um die Begründung der Implantation geht. 

Dann musste ich Geduld haben, denn es dauerte 3 Monate bis ich das Schreiben der Uniklinik erhielt, welches ich der Krankenkasse vorlegen konnte. Ich muss sagen, es war ein hervorragendes Schreiben, das den Sachverhalt auch für eine Laien verständlich machte (mittlerweile erfuhr ich auch, dass beim Medizinischen Dienst die Unterlagen zwar von Ärzten bearbeitet werden, diese aber nicht immer „Spezialisten" sein müssen, sondern unter anderem auch Allgemeinärzte, die mit der Materie des CIs nicht vertraut sind). 

Dieses Schreiben habe ich also wieder, nachdem ich bei der Krankenkasse um „Aufschub" bat, eingereicht. Bei so einem langen Papierkrieg ist es ratsam immer auf die „Einspruchzeiten" zu achten, denn wenn man nicht aufpasst, ist ruckzuck eine Einspruchsfrist abgelaufen und man hat keinen Anspruch mehr auf die Weiterbearbeitung des Falles! Außerdem habe ich ein Schreiben verfasst, welches meine berufliche Situation widerspiegelt. Dieses legte ich meinem Chef vor und bat ihn um seine Unterschrift. Dieses „Befürwortungsschreiben" und die Arbeitsplatzbeschreibung reichte ich parallel mit ein.

Jetzt dauerte es nur noch eine relativ kurze Zeit (2 Wochen) bis ich wieder von der Krankenkasse hörte. Ehrlichgesagt ich bzw. mein Mann haben die arme Sachbearbeiterin auch permanent gelöchert und ständig nachgefragt. Die nette Dame teilte mir nun mit, dass die Antwort vom Medizinischen Dienst diesmal positiv ausgefallen ist und nun noch Krankenkassenintern entschieden werden muss, ob man meinem Antrag statt gibt. 

Dann ging alles ganz schnell. Die Sachbearbeiterin fragte noch nach, zu welchem Resultat der Antrag bei der BFA geführt hatte, dieser wurde ja wie oben erwähnt abgelehnt. Aber nachdem ich beide Seiten des Schreibens der BFA und des Arbeitsamtes, welches seine Zuständigkeit ja auch versagte, der Krankenkasse zufaxte, fand man ein Einsehen und genehmigte mir die Kosten für das 2. Implantat. 

Ich denke, dass hauptsächlich die aktuelle berufliche Situation (ich bin Bürokauffrau) und das Schreiben von der Klinik in Würzburg, sowie meine Beharrlichkeit dazu beigetragen haben, dass der medizinische Dienst und die Krankenkasse einer zweiten Implantation zugestimmt hat. 

Hätte die Krankenkasse auch im 2. Anlauf nicht zugestimmt wäre ich vor das Sozialgericht gezogen, hätte mich an die Zeitungen gewand oder ich hätte die Krankenkasse gewechselt. Irgendwas wäre mir sicher eingefallen! Aber ich würde diesen Weg auf jeden Fall zu Ende gehen.

Jetzt hoffe ich, dass nachdem die OP Anfang Oktober in Würzburg ein Erfolg war und ich Mitte November meine Erstanpassung dort habe, nun bald auf beiden Seiten ganz „Ohr" sein kann.

Ihre 
Ilka Kaiser
November 2003

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