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Erfahrungsbericht

Nachdenkliches und Heiteres 
 
Die Vermutung, daß ich irgendwie schlecht hörte, hatte ich so Mitte bis Ende Zwanzig. Damals habe ich meine Ohren auf Funktionstüchtigkeit hin bei einer HNO-Ärztin testen lassen, die mir dann mitteilte, daß mein Hörvermögen etwas eingeschränkt sei. Meine Vermutungen wurden also bestätigt. Was und wie ich im Detail nicht mehr so richtig wahrnehmen konnte, ist mir eigentlich überhaupt nicht mehr so in Erinnerung. Jedenfalls verschrieb mir jene erwähnte Ärztin zwei Im-Ohr-Hörgeräte, die ich in ihrer Praxis angepaßt bekam. Heute frage ich mich ab und zu, ob es nicht vielleicht der Profitgedanke jener Ärztin war, der sie daran gehindert hat, mir die wahre Diagnose zu stellen. 
 
Zur Erklärung möchte ich anmerken, daß ich an Otosklerose leide und diese Krankheit ist eigentlich durch einen einfachen Test nachweisbar, so wie mir kürzlich erst nochmals bestätigt wurde. Denn Otosklerose ist in einem bestimmten Stadium, solange sich noch alles im Mittelohr abspielt, durch eine nicht überaus komplizierte OP zu beheben. Jedenfalls war mir das Wort Otosklerose noch längere Zeit unbekannt.
 
Die zwei `Dinger` für die Ohren jedenfalls, lagen zu 99,9 % in der Schublade. Irgendwie kam ich damit nicht zurecht. Als mein Hörvermögen jedoch immer schlechter wurde, entschloß ich mich einen Akustiker aufzusuchen, bei dem ich mich dann auch besser beraten fühlte. Von ihm bekam ich dann ein HDO-Gerät angepaßt, mit dem ich endlich auch besser zurecht kam. 
 
Nach all den mehr oder weniger schlechten Erfahrungen bei meiner 1. HNO-Ärztin, wechselte ich dann auch zu einem anderen HNO-Arzt. Dieser stellte dann bei mir die Diagnose, daß mein Hörnerv kaputt sei. SO EIN QUATSCH!! Das weiß ich heute!! Wie ein Arzt einfach so etwas sagen kann, ohne irgendeine spezielle Untersuchung durchzuführen! Das ich über kurz oder lang ertauben würde, das hatte er wohl erkannt und sagte mir dies auch ohne Umschweife! 
 
Ich war erst einmal `schocking` und mußte diese Nachricht irgendwie `verdauen`. Aber auch hier kein Wort über Otosklerose oder ähnliches. Also habe ich brav mein Hörgerät weiterhin getragen. Nach und nach folgten mehrere Hörstürze. SCHRECKLICH! Kann ich heute nur im Nachhinein sagen. Dieses Gefühl der plötzlichen Stille....aus dem Nichts...ohne jegliche Vorankündigung! In solchen Situationen war ich nervlich am Ende! Es folgten immer wieder Aufenthalte im Krankenhaus mit endlosen Infusionen u. Tabletteneinnahmen. Im Grunde genommen hat mir das alles nicht geholfen, das weiß ich heute. 
 
Damals war ich noch voller Hoffnung! Schließlich vertraut man doch den Ärzten! All diese Hörstürze stürzten mich auch tiefer in die Stille rein. Immer ging ein wenig meiner Hörfähigkeit verloren. Daher kam dann auch irgendwann die Überlegung, auch das 2. Ohr mit einem Hörgerät zu versorgen. Die Akustikerin, bei der ich mittlerweile gelandet war, hat mir dies wärmstens empfohlen. Jedoch habe ich ehrlich gesagt lange dafür gebraucht, dies einzusehen. Heute kann ich nur jedem empfehlen, so früh wie möglich zwei Hörgeräte zu benutzen, auch wenn´s anfangs schwer fällt. Ich profitiere heute noch davon, daß ich bis vor kurzem immer noch zwei Hörgeräte getragen habe.
 
Zu all dem Übel mit den Hörstürzen gesellten sich dann auch noch Schwindelanfälle vom feinsten. Echt übel sowas! Ich weiß nicht was Schlimmer ist, Hörstürze oder diese schrecklichen Schwindelanfälle, die mir den Boden unter den Füßen nahmen. Es war nicht möglich in dieser Situation, alleine auf Toilette zu kommen, ich wäre umgefallen vor Schwindel. Alles schwankte um mich herum. Daher kann ich jetzt annähernd nachempfinden, wie schlimm Morbus Meniére sein muß! Die Menschen tun mir in der Seele leid, die von dieser Krankheit geplagt sind!
 
Irgendwann lagen meine Nerven so blank, daß ich Angst- u. Panikattacken bekam. Aus heterem Himmel überfielen mich plötzlich diese Attacken. Sogar während der Autofahrt auf dem Weg von der Arbeit nach Hause. Ich bin dann einfach über die rote Ampel gebrettert, in der Hoffnung, zu Hause sterben zu dürfen! Im nachhinein kann ich sogar etwas lächelnd darüber den Kopf schütteln, aber wenn man wirklich in der Situation ist, hat man Todesangst! Auch im Urlaub überkamen mich solche Attacken, plötzlich...während des Frühstücks z.B. Ich habe nur das Brötchen auf den Teller plumsen lassen und habe angefangen zu rennen...ich...eigentlich überhaupt kein Joggertyp...bin plötzlich gelaufen...gelaufen...und gelaufen. Eigentlich hätte ich einen Herzinfarkt von der ungewohnten Anstrengung bekommen müssen. Wahrscheinlich hatte ich soviel Adrenalin im Blut, das irgendwie abgebaut werden mußte, daher die extreme Anstrengung.
 
Meine Ärztin hat mich dann zum Psychiater geschickt, da sie mit Angst- u. Panikattacken überfordert war. Dieser verschrieb mir dann irgendwelche Beruhigungs- und Schlaftabletten. Bei einer Bekannten nachgefragt, die aus der Branche kam, erfuhr ich, daß ich sozusagen die stärksten Mittelchen bekommen hatte, die ein Arzt verschreiben konnte. Die Schlaftabletten z.B. durften nur auf der Bettkante eingenommen werden. Schusselig wie ich war, vertauschte ich die Tabletten, nahm mittags um ein Uhr statt einer Beruhigungstablette besagte Schaftablette. Daß der Tag daraufhin gelaufen war, könnt ihr euch sicher denken. Ich habe versucht, so wenig wie möglich diese Tabletten einzunehmen. Sie haben mir geholfen, soviel kann ich aber schon sagen.
 
Da wir technisch zuhause immer am neuesten Stande waren, war mir der Zugang zum World Wide Web auch nicht verwehrt. So begann ich in Sachen `Ohren` zu suchen. Auch hatte ich mittlerweile schon von der Möglichkeit gehört, sich mit einem Implantat versorgen zu lassen. Davon wollte ich mehr wissen, begann also zu suchen...und zu finden! Immerhin hatte man mir gesagt, daß ich über kurz oder lang ertauben würde. Für diesen Fall wollte ich natürlich gewappnet sein. Ich bin kein Typ, der alles dem Zufall überläßt. Gelandet bin ich dann auch u.a. im Schwerhörigennetz und irgendwie darüber bin ich im HCIG-Forum gelandet. Dort habe ich mich erstmals ausgiebig über die Möglichkeit eines Implantates informiert.
 
Es war gerade um die Zeit, als Michael Schwaninger sein 1. CI bekommen sollte. Seine Beiträge weckten mein Interesse. Und lieb wie Michael so ist, hat er sich löchern lassen von meinen Fragen und mir immer sachkundig Auskunft gegeben. 
 
Jedenfalls entschloß ich mich dann irgendwann, die Voruntersuchungen in Frankfurt in der Uniklinik für ein CI machen zu lassen. Begleitet wurde ich von meiner treusten Freundin Susi. Als alle Untersuchungen abgeschlossen waren, hatten wir zum Schluß dann ein Gespräch mit Dr. Kiefer. Während der Betrachtung meiner Röntgenbilder meinte meine Freundin Susi dann freudig, daß man wohl auch ein Gehirn auf den Bildern erkennen könne: Na wunderbar! Endlich hätte ich es schwarz auf weiß, daß ich auch ein Gehirn besäße. ? Vermutet hatte ich das ja auch schon ?. Da meine Freundin wunderbar blond ist, meinte Dr. Kiefer daraufhin, bei Blondinen wäre an dieser besagten Stelle ein schwarzes Nichts ? ?. Wie ihr merkt, hatten wir zu alledem auch unseren Spaß! 
 
Aber zurück zum Untersuchungsergebnis: Dr. Kiefer meinte, es könne etwas komplizierter werden bei mir mit der OP, da mein Innenohr eine schon relativ starke Verknöcherung aufweisen würde, aber eine OP wäre auf jeden Falle möglich. Damit hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet, daß es so kompliziert werden würde. Auch bekam ich die Empfehlung mit, mich mit MedEl zu implantieren zu lassen. 
 
Da ich mich jedoch im Nachhinein für ein anderes Implantat entschieden habe, habe ich mich dann auch dafür entschieden, mich in Hannover implantieren zu lassen, da die MHH mit diesem Model die meisten Erfahrungen hatte. Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, da Dr. Kiefer und die Uniklinik Frankfurt einen sehr guten Eindruck bei mir hinterlassen hatten und auch entfernungsmäßig Frankfurt von meinem Heimatort nicht so weit entfernt war.
 
Jedenfalls mußte die komplette Voruntersuchung nochmals in Hannover gemacht werden. Das Ergebnis war in etwa gleich wie in Frankfurt, jedoch plädierten die Ärzte in meinem Falle dafür, das besser hörende Ohr zu implantieren, da dieses noch nicht so verknöchert wäre. Bei dem schlechteren Ohr müsse ich damit rechnen, ein Spezialimplantat zu bekommen, ein sog. Double Array, was auch keinen so guten Hörerfolg erwarten ließ. Das war ziemlich niederschmetternd für mich, da ich noch relativ gute Hörreste auf dem Ohr habe. Ein OP-Termin wurde mir dann angeboten und bis zu diesem Zeitpunkt habe ich ziemlich viel Tränen vergossen, da ich mich einfach nicht damit abfinden konnte, mein besser hörendes Ohr herzugeben. 
 
Nach reiflicher Überlegung kam ich kurz vor dem OP-Termin (26.07.2003) auch zu dem Schluß, mein schlechteres Ohr implantieren zu lassen. Ich danke den vielen Freunden u. Bekannten, die dann für mich gebetet haben, daß trotzdem doch alles gut wird. Im HCIG-Forum (unter: Entscheidungsphase: OP Elfi***Mein Bericht***) steht ein ausführlicher Bericht über die OP, wen es interessiert, es würde den Rahmen hier etwas sprengen ?.
 
Und so war es dann auch, die Gebete wurden erhört, ich hatte ein „normales" CI. Ihr könnt euch meine Freude und Erleichterung darüber nicht vorstellen, alle meine Ängste fielen in dem Moment von mir, in dem die OP-Schwester mir mitteilte, ich hätte kein Spezialimplantat. Ich war kaum 5 Minuten wach nach der OP, da war ich vor Freude außer mir, habe geheult vor Freude. An Schlaf, wie das bei den meisten so üblich ist nach einer OP, war bei mir nicht zu denken. 
 
Und ich kann heute erst so richtig einschätzen, wie richtig doch meine Entscheidung von damals gewesen ist. Ich profitiere von meinem besser hörenden Ohr in der Kombination mit dem implantierten Ohr sehr. Auf der einen Seite habe ich im Tieftonbereich noch gute Höreindrücke und auf der anderen Seite mit CI eher den verloren gewesenen Hochtonbereich. Im Gegensatz zu vielen anderen, bin ich schon ziemlich früh implantiert worden, obwohl auch noch auf dem implantierten Ohr recht brauchbare Hörreste vorhanden waren. Jedoch steigt das Risiko bei einer Verknöcherung mit der Zeit immer mehr, nicht mehr implantiert werden zu könnnen. Das CI ist für mich auf jeden Fall aber eine Bereicherung! Ich entdecke zwar keine für mich unbekannten Geräusche, das Schöne ist, man kann mit mir auch im Flüsterton jetzt sprechen ? und ich verstehe es! Und die Vogelstimmen, die genieße ich auch, manchmal mehr als das Geplapper mancher Mitmenschen! 
 
Die nächste Einstellung liegt bald vor mir und ich bin unendlich gespannt, wie es mit meinen Höreindrücken weiter geht!
 
Elfi Fries im November 2003
 
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