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Nicht sehen zu können trennt von den Dingen oder Rominas Stille

"Nicht sehen zu können trennt von den Dingen, nicht hören zu können von den Menschen...."
 
Ich stehe da und halte mein Kind in den Armen. Die Vermutung, welche ich im Stillen nicht wahrhaben wollte, wurde mir bestätigt:
Mein Kind ist hörgeschädigt.
 
Ich versuche krampfhaft, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Verschwommen höre ich die Stimme, die mir noch etwas mitteilen will. Apathisch verlasse ich mit meinem Kind die Praxis; ich fühle mich von Gott und der Welt im Stich gelassen. Niemand ist da und versteht meinen Schmerz und dieses Gefühl der totalen Verlassenheit. Ich bewege mich in einem luftleeren Raum... (Worte einer betroffenen Mutter)
 
So ähnlich ist es uns ergangen als bei Romina die Diagnose gestellt wurde.
So ähnlich ergeht es vielen anderen betroffenen Eltern.
 
Wir stehen mittendrin im Mühlenrad der Untersuchungen, Operation, Gedanken, Diskussionen. Um dies besser verarbeiten zu können dient diese Homepage. Und auch um Betroffenen Mut zu machen.
 
Da im Herbst 2003 bei einer Entwicklungskontrolle bei Romina der Verdacht geäußert wurde, sie könnte eventuell nicht gut hören, wurden wir im November noch einmal zur Gehörkontrolle geschickt. Leider war sie da nicht sehr kooperativ, hörte sie nun wirklich nichts oder stellte sie sich nur stur? Wir bekamen eine Gnadenfrist von 6 Monaten und sollten dann wieder kommen.
In der Zwischenzeit...
Romina redete, sie sagte Mami, Papi, und "Mina nei" (was soviel wie Romina Nein bedeuten sollte). Doch im Unterbewusstein, oder wohl eher doch schon im Bewusstsein, verglich ich immer mit Gleichaltrigen und fand, dass sie keine Fortschritte machte. Ok, es gab ja sogenannte Spätzünder. War sie eine davon? Obwohl ich mich immer wieder zu beruhigen versuchte, spürte ich wohl, dass doch nicht alles zu stimmen scheint. Wohl eben genau aus diesem Grund verschob ich den Termin, der im Mai geplant, war auf nach den Ferien.
 
Juni 2004....
 
Anfang Juni mussten wir dann wohl oder übel bei der Audiologie antraben.
Romina wurde getestet und ich muss sagen, da waren Geräusche und Töne, die mir echt in den Ohren weh taten. Aber sie reagierte nicht. Dort wurde mir zum ersten mal wirklich direkt gesagt, wie es um sie steht. In dem Moment wurde es mir nicht so richtig klar.
Der Schock und das hadern mit dem Schicksal folgte erst später.
 
In der Zwischenzeit....
 
Wir bekamen einen Termin für den 16. August, wo definitiv festgestellt werden sollte, wie schwer Romina's Hörverlust sein sollte. Und in dieser Wartezeiten, versuchten wir uns irgendwie über Wasser zu halten. Wir quälten uns mit Entscheidungen zu treffen ob wir das Risiko einer Operation eingehen sollten. Ich suchte Hilfe und Antworten in nicht medizinischen Kreisen. Wo ich eigentlich dann schlussendlich die Antwort im Glauben an das Schicksal fand.
 
16. August 2004
Heute fanden die Untersuchungen statt (CTG und Audiogramm) unter Vollnarkose. Du hast dich geweigert gegen alles hast du angekämpft. Mir ging immer wieder durch den Kopf, was tun wir dir bloß an? Willst du das überhaupt? Ich bin immer noch skeptisch, ob die Operation das richtige für dich ist. Das anschließende Gespräch mit dem Arzt, der dich operieren soll, konnte mich ein wenig beruhigen. Nun liegt es an uns zu entscheiden. Sollen wir das Risiko auf uns nehmen, mit der Hoffnung dir ein "normales" Leben ermöglichen zu können? Oder ist die Angst zu groß? Wirst du dann immer ausgegrenzt sein in deiner Stille?
 
21. August 2004
Heute fand ein Familienausflug im botanischen Garten statt, welcher vom Verein der Eltern Hörgeschädigter Kindern (SVEHK) und dem Audiopädagogischem Dienst (APD) organisiert wurde. Es tat unheimlich gut, zu sehen, dass es noch viele andere Betroffene gibt.
Zu sehen, wie Kinder mit dem CI (Cochlea-Implantat) unheimliche Fortschritte machen. Und vor allem zu sehen, dass diese Kinder eigentlich normal sind. Kaum zu beschreiben, wie gut mir diese Begegnungen getan haben.
 
In der Zwischenzeit....
 
Nun haben wir uns entschieden. Du sollst operiert werden. Die Entscheidung liegt in unserer Hand. Doch über das weitere hilft nur Vertrauen, dass es das Schicksal gut mit dir meint.
Der Termin steht fest. 9.September. Ich bin sehr dankbar. 
In dieser Zeit bin ich oft gereizt, nervös und ungeduldig. Für alle die mich in dieser Zeit oft aufgebaut haben, mir eine Abwechslung bescherten und mich einfach so nahmen wie ich war/bin, bin ich sehr dankbar. Danke dass es euch gibt!!!!
 
8. September 2004
Um 10h mussten wir im Krankenhaus sein. Mulmiges Gefühl, schwarze Gedanken, die ich immer wieder zur Seite schieben musste. Ein Spießrutenlauf zwischen verschiedenen Untersuchungen und Ärzten und jedes Mal ein Riesenkampf.
 
9. September 2004
Nach einer fast schlaflosen Nacht gingen die Vorbereitungen schon um 06:30 Uhr los. Ich dachte schon, dass du bestimmt schon anfangen wirst dich zu wehren. Doch als ob du den Ernst der Situation erkannt hättest, warst du sehr tapfer. Wohl tapferer als ich.
Dich voller Vertrauen den Händen der Ärzten zu übergeben, war alles andere als einfach.
Ich funktionierte einfach weiter. Ich betete zu allen Mächten in uns, und um uns, dass sie dich behüten mögen. Und ich bin sehr dankbar, dass alles reibungslos verlaufen ist.
Unglaublich wie tapfer du warst und bist. Und schon am nächsten Tag wieder fit.
 
11. September 2004
Heute durften wir schon wieder nach Hause. Wir durften in den kurzen Tagen liebvolle Pflege erfahren. Da waren Schwestern, die sich immer Zeit nahmen, auch für mich und meine Ängste. Das war sehr wertvoll. An dieser Stelle ein großes Dankeschön, für die zahlreichen Gebete, die lieben Genesungswünsche, Besuche und Geschenke und die zahlreichen sms'. Ein unbeschreiblich schönes Gefühl sich nicht alleine zu fühlen.
 
Nun steht in Kürze Romina’s 2.Op vor der Tür. Eigentlich dachte ich mir, dass ich dieses Mal weniger aufgeregt sein würde, da ich ja nun weiß, wie alles abläuft. Dennoch bin ich unglaublich nervös.
Es sind nun gut 2,5 Monate vergangen, seit Romina’s „Hörgerät“ eingeschaltet wurde. Reaktionen sind quasi noch keine da. Unsere Geduld wird gefordert. Dennoch bin ich mir sicher, dass wir das Richtige tun und Romina eines Tages hören wird.
 
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