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Wieder HÖREN Dank Titanimplantat fürs Mittelohr in Würzburg

Ich war noch nicht eingeschult als bei mir die Probleme mit meinem linken Ohr begannen...
 
Die Ursache dafür ist bis heute unbekannt, dies kann eine Mittelohrentzündung gewesen sein oder was auch immer. Jedenfalls war es so, dass das Ohr ständig lief. Das Zerumen hat sich zersetzt mit Bakterien und hat das Trommelfell geschädigt - es war eine wirklich stinkende Flüssigkeit, die sich verkrustete wenn sie nach außen in die Ohrmuschel trat. Der HNO-Arzt war zuerst auch überfordert, er machte mehrere Untersuchungen, versuchte es mit einer Tinktur, die er in den Gehörgang einbrachte. Als das nichts half, überwies er mich ins Klinikum „Am Gesundbrunnen“ in Heilbronn. Dort stellte man dann fest, dass das Trommelfell ein Loch hatte, hervorgerufen durch die aggressive Flüssigkeit, die aus dem Ohr kam. 
 
Die erste Operation fand dann 1973 unter Vollnarkose statt. Es wurde ein neues Trommelfell eingesetzt. Die OP hat damals ca. 2-3 Stunden gedauert haben. Ich erinnere mich noch daran, dass mir nach dem Aufwachen furchtbar übel war und das sehr lange, ich musste mich mehrmals übergeben. Ca. 14 Tage war ich in der Klinik, dann wurde ich nach Hause entlassen. Leider kann ich dazu nicht mehr erzählen, da das alles schon sehr lange her ist und ich als Kind logischerweise keine Aufzeichnungen des Krankheitsverlaufs gemacht habe. Nach ca. 1 bis 1 ½ Jahren fing das Ohr wieder an zu laufen, 1975 war dann die zweite OP notwendig. Aufgrund eines Infektes verabreichte man mir im Krankenhaus Penicillin, worauf ich aber allergisch reagierte: der ganze Körper war übersät mit Pusteln, die furchtbar juckten und ich war richtig aufgedunsen. Ich war so entstellt, dass mich meine Eltern beim Besuch nicht erkannten. Nach zwei, drei Tagen war aber die allergische Reaktion vorbei. Allerdings trage ich heut einen Allergiepass bei mir, um nicht noch einmal Penicillin verabreicht zu bekommen. Diesen bekam ich aber erst 1998 (also 23 Jahre später) beim Hautarzt, und auch nur auf Eigeninitiative. Damals interessierte wohl niemand, was geschehen wäre, hätte ich eine erneute Dosis Penicillin erhalten. 
 
1976 und 1980 geschah dann dasselbe wie die Jahre zuvor, das Ohr fing an zu laufen und beschädigte das Trommelfell. 1980 bei der vierten OP setzte sich mein HNO-Arzt dafür ein, dass ich von Prof. Birnmeyer (Klinikum Heilbronn) persönlich operiert werde oder ich müsste in die UNI-Klinik nach Tübingen zur OP. Prof. Birnmeyer erklärte sich bereit, die Operation selbst durchzuführen. Dabei wurde das Trommelfell durch eine Tympano-Plastik ersetzt, das war damals anscheinend ein neues Produkt. Die OP war erfolgreich, denn seit diesem Zeitpunkt ist das Ohr nicht mehr „gelaufen“, bis heute nicht. 
 
Wann meine Schallleitungsschwerhörigkeit eingesetzt hat, kann ich nicht mehr sagen, vermutlich mit der ersten bzw. zweiten OP, da ich mich noch erinnern kann, bereits in der Grundschule vieles nicht mitbekommen zu haben, weil ich es nicht hörte. Ich dachte aber damals, das sei ein normaler Vorgang, es hat sich darum auch nie jemand richtig gekümmert, weder die Eltern noch die Lehrer. Es war halt so, jetzt hörte ich auf einem Ohr fast nichts mehr. Irgendwie kann man sich damit arrangieren, aber wenn ich damals gewusst hätte, was ich heute weiß, hätte ich mich über die Jahre nicht damit abgefunden. Denn, das wissen alle, die gar nicht oder schlecht hören, dass man oft als „nicht sehr intelligent“ abgestempelt wird, wenn man etwas nicht hört. Entsprechend schlecht waren auch meine schulischen Leistungen, auch verbunden mit den vielen Krankenhausaufenthalten und Arztbesuchen. In dieser Zeit war ich auch sehr anfällig für Erkältungskrankheiten. Die meiste Zeit musste ich dem Sportunterricht fernbleiben, infolge Kiefer- und Nasennebenhöhlenentzündung, die ich mehrmals im Jahr für mehrere Wochen hatte, und so fühlte ich mich immer irgendwie ausgegrenzt, ich durfte ja nicht mitmachen, was die anderen Kinder taten.
 
1985 trat eine Geschwulst hinter dem linken Ohr auf, die sich ständig vergrößerte, zum Schluss war sie so groß wie ein Hühnerei. Dies war vernarbtes Gewebe aus den vorangegangen Operationen und musste in einer erneuten OP (die 5.) entfernt werden. Auch diese OP geschah unter Vollnarkose und verlief absolut problemlos. 
 
Meine Schwerhörigkeit wurde damals noch immer ignoriert, es interessierte damals keinen Arzt. Erst durch meine Eigeninitiative mehrere Jahre später suchte ich einen HNO-Arzt auf, der mir auf mein Drängen hin ein Hörgerät verordnete. Aber mit einem normalen Hörgerät war es nicht getan, es musste eine Cross Verbindung sein, d.h. in meinem speziellen Fall, das Hörgerät wurde in den rechten Brillenbügel eingebaut und war mit dem Mikrofon, das in den linken Brillenbügel eingebaut war, verbunden. Das war damals eine kostspielige Angelegenheit, da die Krankenkasse zwar das Gerät, aber nicht den Einbau in die Brille bezahlte, mit der Begründung, dies sei nicht unbedingt nötig, man könne den Verbindungsdraht auch so hinter dem Kopf tragen. Lange dauerte es, bis ich mit dem Hörgerät zurecht kam, zum einen da meine Ohrmuschel oben sehr eng am Kopf anliegt und ich somit ständig Druckstellen hatte und wenn ich irgendwo war, wo ein hoher Geräuschpegel herrschte, machte ich das Hörgerät aus, denn es war unerträglich, da ja auch die Nebengeräusche verstärkt wurden - und so bekam ich wieder vieles nicht mit was geredet wurde. In dieser Zeit suchte ich mehrere Ärzte auf, aber jeder sagte mir, ich müsse damit leben, man kann außer einem Hörgerät nichts machen an dem Ohr. 
 
Ca. 1998 erzählte mir meine Nachbarin, sie wurde in der Uni-Klinik Würzburg mit Erfolg an ihrem Ohr operiert, ich solle doch auch mal mitgehen zur Untersuchung. Ich lehnte ständig ab, da ich mir keine Hoffnungen auf Besserung machte. Sie redete fast ein Jahr immer wieder auf mich ein, bis ich dann endlich bereit war mitzugehen. Bei der dortigen ersten Untersuchung nahm man sich erst mal viel Zeit für meine Probleme und erklärte mir dann, man könne die Schwerhörigkeit durch eine erneute OP wesentlich verbessern. Es sollen die Gehörknöchelchen durch Titanimplantate ersetzt werden. Was hatte ich nun zu verlieren? Es könnte ja nur noch besser werden. Ich bekam gleich einen Termin zur OP, das bedeutete aber eine Wartezeit von ca. 8 Monaten. 
 
Am 09.09.1999 war es dann soweit: mit gemischten Gefühlen trat ich die Fahrt nach Würzburg an und wurde dann am 10.09.1999 operiert. Die Operation geschah unter örtlicher Betäubung. Um es fachgerecht auszudrücken: Bei dem Eingriff zeigte sich, dass die früher ein-gebrachte Prothese (ich hatte schon eine Prothese? Niemand hat mir das bis zu diesem Zeitpunkt gesagt!!) Kontakt zur Fußplatte hatte, aber nicht zum Trommelfell, die Prothese wurde entfernt und eine 6,5 mm Titanprothese wurde zum Höraufbau interponiert. Schon während der OP konnte ich eine deutliche Verbesserung der Hörfähigkeit feststellen. Das vernähen der Wunde bereitete jedoch trotz örtlicher Betäubung große Schmerzen, da das Gewebe durch die vorangegangenen OP`s nicht mehr so elastisch war. Nach ca. 1,5 Std. war die OP beendet. Als ich ein paar Stunden später auf mein Zimmer kam und ich mich aufrichten wollte, wurde mir sehr schwindlig und ich war in einem richtigen Erschöpfungszustand. Dies hielt auch den ganzen Tag noch an. Erst am nächsten Morgen war der Schwindel weg und ich fühlte mich wesentlich besser. Den ersten und zweiten Tag hatte ich leichte bis mittlere Schmerzen, die aber mit Schmerztabletten gut auszuhalten waren.
 
2 Tage musste ich einen Druckverband um den Kopf tragen, danach einen normalen Verband mit einer Ohrenklappe. Sonst verlief alles problemlos, nach 8 Tagen wurde ich nach Hause entlassen. Nun hörte ich zum ersten Mal in meinem Leben viele Geräusche, die ich vorher nicht wahrgenommen hab, es war wie wenn jemand den Schalter von Mono auf Stereo stellt. Das räumliche Hören habe ich bis dahin ja nicht (bzw. nicht mehr) gekannt. Jedoch noch heute kann ich, wenn ein Geräusch oder eine Stimme hinter mir ist, nicht sagen, ob das Geräusch von links oder von rechts kommt, wenn ich mich dann umdrehe, drehe ich mich oft auf die verkehrte Seite.
 
Ich sollte noch erwähnen, dass bei der OP auch die Ohrmuschel korrigiert wurde, denn durch die vorangegangenen fünf OP`s war diese stark nach unten gesetzt, was vor allem als ständiger Brillenträger Probleme bereitet hat.
 
Nach 1 Woche war Termin zur Tamponade-Entfernung - nach 2 Wochen erneute Kontrolle in Würzburg – dann nach 3 Monaten und 6 Monaten Kontrolluntersuchung. Momentan soll das Ohr alle 12 Monate untersucht werden. Bei den nachfolgend durchgeführten Audiogrammen stellte man fest, dass der gewünschte Erfolg nicht in dem Maße eingetreten war, den man sich erhofft hat. Man muss jedoch berücksichtigen, dass das Ohr nun schon 6 mal operiert wurde und mit jeder OP eine gewisse Schädigung des Gehörs verbunden ist. Bei der letzten Untersuchung in Würzburg am 27.12.2004 wurde zum wiederholten Mal eine erneute OP diskutiert. Eine Verbesserung der Hörqualität wäre aber nach Meinung des hinzugezogenen Oberarztes zum derzeitigen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich, sollte aber das Hörvermögen in Zukunft schlechter werden, wäre eine andere Ausgangsbasis vorhanden und somit eine erneute OP nicht ausgeschlossen. 
 
Abschließend kann ich sagen, dass ich froh bin, diesen Schritt getan zu haben und mich in Würzburg dieser OP unterzog. Ich kann derzeit ohne Hörgerät auskommen, jedoch mit bestimmten Einschränkungen. Was mich immer wieder beeindruckt ist auch, dass seit dem Eingriff auch die Schmerzgrenze nach oben gesetzt wurde. Vor der OP konnte ich mich an einem Ort wo es laut war nicht aufhalten, undenkbar, sehr schnell war die Schmerzgrenze erreicht. Jetzt jedoch kann ich z.B. ein lautes Konzert besuchen, es macht mir überhaupt nichts aus. In vielen Situationen des täglichen Lebens wünsche ich mir noch eine weitere Verbesserung des Hörens. Bis heute kann ich mit meinem linken Ohr nicht richtig telefonieren. Vor allem bei der Arbeit stellt sich das oft als Problem dar, da ich mit dem rechten Ohr telefonieren muss und gleichzeitig sollte ich nebenbei noch hören, was die Kollegen sprechen. Dies ist jedoch nicht möglich. 
 
Aber alles in allem kann ich sagen: Man muss in vielen Fällen selbst die Initiative ergreifen, um an sein Ziel zu kommen und man darf sich nie abwimmeln lassen. Und was ich jetzt alles erfahren habe in der kurzen Zeit, in der ich die Homepage von Michael kennen gelernt habe, bin ich sehr beeindruckt und fühle mich in meinen Anliegen verstanden, wenn ich die Erfahrungsberichte der anderen lese und vor allem kann ich mich darin oft wiedererkennen. Und das tut gut. Deshalb ganz herzlichen Dank an den Michael und sein „Team“ für diese großartige und wichtige Arbeit. 
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