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Neuigkeiten aus der Stille

Von Elke Hecker-Allegra

Es gibt Neuigkeiten, sehr gute Nachrichten, aber auch eine nicht so gute Nachricht. Ich (60 Jahre aus Heppenheim Bergstraße) sitze hier und habe meinen Sprachprozessor abgelegt und genieße meine selbst gewählte Stille. Das tut gut, weil ich eben 20 Minuten das Heute Journal mit Untertitel gesehen habe und dabei enormen Hörstress hatte. Gut, wenn man selbst wählen kann.

Zuerst kommen natürlich die guten Neuigkeiten: Ich bin am Montag, den 28.08.2023 erfolgreich mit meinem zweiten Cochlea Implantat (CI) versorgt worden. Alles lief planmäßig, der Arzt meines Vertrauens, Herr Dr. Servais, lächelte mich am Nachmittag nach der Implantation an und sagte mir, dass er hoch zufrieden ist mit dem Ergebnis. Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich unterdrückte eine Freudenträne.

Die Testung der eingelegten Elektrodenkette in die Gehörschnecke hat auf die Impulse gut geantwortet. Zwei Tage nach der Operation wurde mein CI, von meinem CI-Techniker aktiviert. Was ist das denn? Ich höre ähnlich der Tonleiter, hohe und tiefe Töne, als Osamah das Mikrofon einschaltet, kann ich jedes Wort verstehen, dieses Mal kann ich die Freudentränen nicht mehr halten, sie laufen einfach.

Seine Stimme klingt wie ein Roboter, aber das macht nichts, das kriegen wir alles hin, da bin ich mir sicher. Es wird ein weiter Weg, okay, das kenne ich ja schon von der ersten Seite. Solange es in kleinen Schritten aufwärts geht, ist alles gut, ich habe gelernt geduldig zu werden.

Genug der Gefühlsduselei, jetzt kommt die nicht so schöne Nachricht. Mein erstes CI war von Tag 1 an mein Sorgenkind. In meiner „Notklinik“ wurde ich vom Chef persönlich implantiert, leider nicht so, wie es hätte sein sollen. Eigentlich wollte Dr. Servais mich damals in Mannheim implantieren, aber er war zu dieser Zeit im Urlaub. Von Anfang an waren die ersten beiden Elektroden abgeschaltet. Dies bedeutet, niemals werde ich die volle Klangfülle haben. Nun denn, es gibt ja noch 20 weitere Elektroden, das reicht. Im Laufe der Zeit reagierten meine Hirnnerven auf die fehlenden Elektroden, weil die anderen Elektroden deren Aufgabe mit übernehmen mussten und schlapp machten.

Das kennen wir in ähnlicher Weise ja von der Arbeit, wenn Kollegen aufhören und nicht ersetzt werden. Immer mehr Elektroden mussten deaktiviert werden. Am Dienstag, dem Tag nach der erfolgreichen Implantation in Bensheim, mussten erneut zwei Elektroden abgeschaltet werden, nun sind es neun und das ist gelinde ausgedrückt, eine Katastrophe. Ernste Gesichter bei Dr. Servais, CI-Techniker und mir.

Die einvernehmliche Meinung aller war zum Glück ziemlich simpel. Wir konzentrieren uns jetzt auf die neu implantierte linke Seite und hoffen, dass sich die Hirnnerven auf der rechten Seite irgendwann regenerieren, nämlich dann, wenn ich genügend Sprachverstehen auf der guten Seite habe. Falls nicht, müssen wir neu überlegen, welchen Schritt wir gemeinsam gehen. Aber bis dahin fließt noch viel Wasser den Rhein runter und gehört aktuell nicht zu meinem Gedankenkarussell.

Momentan hört sich mein angeschlagenes CI wie ein kaputter Lautsprecher auf einem Bahnsteig am Frankfurter HBF an, es hallt und hört sich verzerrt an, aber auch dies ist nur von kurzer Dauer. Umso mehr freue ich mich auf meine Erstanpassung ab 11.09.2023 in Sankt Wendel. Ich möchte nämlich mit dem gleichen Lächeln wie Dr. Servais, mit der Nachricht der erfolgreichen Implantation, am Ende der Woche nach Hause fahren. Bis dahin werde ich öfters den „Stecker“ ziehen und die Stille genießen. Schön, wenn man selbst wählen kann 😉 Drückt mir die Daumen, es kann ja auch mal alles gut werden 🍀.

Elke Hecker-Allegra
September 2023