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Das Beste aus zwei Welten

Von Julia Edler

und versorgt jetzt beidseits mit Cochlea Implantaten (CI) 

Hallo, mein Name ist Julia Edler (24 Jahre alt). Letztes Jahr habe ich einen Bericht geschrieben, wie bei mir die Schwerhörigkeit festgestellt wurde und welche Wege ich durchlaufen habe, zuerst mit Hörgeräten, anschließend die erste Operation links mit einem Cochlea Implantat und später dann rechts mit einer Vibrant - Soundbridge. 

Doch heute möchte ich euch in diesem Bericht meine Entscheidung und Erfahrungen mit meinem zweiten Cochlea Implantat mitteilen. 

Ich war seit 2008 links mit einem Cochlea Implantat versorgt und rechts seit 2010 mit einer Vibrant-Soundbridge. Doch wurde mir bereits damals schon gesagt, dass diese Vibrant-Soundbridge (Mittelohrimplantat) keine Dauerlösung sein wird. Denn dafür war mein Gehör schon zu sehr geschädigt, als dass ich damit bis an mein Lebensende hören könnte. Doch warum dann nicht gleich ein Cochlea Implantat, das fragt ihr euch sicherlich auch? Die Antwort war, dass meine Hörkurve damals noch zu gut für ein CI war und die Krankenkasse somit die Kosten nicht übernommen hätte.

Also bekam ich im Januar 2010 die Vibrant-Soundbridge. Ich machte gute Fortschritte und kam damit sehr gut zurecht, genauso wie mit dem CI auf der linken Seite. Die Jahre sind vergangen und im Jahr ca. 2019 merkte ich, dass sich mein Hören rechts verschlechtert. Dies bestätigte sich auch jedes Mal, wenn ich zur Jahreskontrolle musste. Die Ärzte rieten mir zu einem operativen Eingriff, damit ich auch rechts ein Cochlea Implantat bekomme.

Tatsächlich fühlte mich noch nicht bereit, denn die Ärzte konnten mir nicht garantieren, dass ich danach besser hören werde als momentan. Somit entschied ich mich gegen eine Operation, denn nicht zu vergessen, ich befand mich gerade in einer Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin.

Ich kämpfte mich durch die Ausbildung, was kommunikativ sehr herausfordernd war, denn es war zu dieser Zeit die Corona- Pandemie, d.h. Mundschutz und ich hatte kein Mundbild mehr zum Ablesen. Aber ich kämpfte mich durch, schrieb die Prüfungen und habe es geschafft. Danach begann ich wie im vorigen Bericht schon erwähnt, ab 01.08.2021 zu arbeiten.

Ich atmete tief durch und schaute, wie es von der Kommunikation her klappt, ich muss sagen mein Team war super, es klappte sehr gut mit der Kommunikation, denn ich konnte wieder auf den Mundbild schauen und habe alle super verstanden. Aber ich merkte halt in manchen Situationen, wie z.B. der Teamübergabe, wenn wir mehrere Leute an einem Tisch waren, dass es mir schwerfiel, den Gesprächen zu folgen und ich musste mehrmals nachfragen und vieles mehr. Ich merkte, es kamen immer mehr Dinge dazu, so dass ich so sehr vom Mundbild abhängig war. 

Ich suchte eine andere Klinik auf und bat um eine zweite Meinung, mein rechtes Ohr betreffend. Es wurden einige Untersuchungen gemacht und der Chefarzt bat mich dann ins Ärztezimmer. Er bestätigte mir, dass ich schlechter höre, und zwar in diesem Bereich der hohen Töne und gab mir einen Rat mich zu operieren. Er gab mir Bedenkzeit und sagte mir auch, dass die Möglichkeit besteht, aber die Entscheidung bei mir liegt.

Ich fragte ihn dann, ob ich danach besser hören würde, da mir das die andere Klinik nicht versichern konnte und er nickte mit dem Kopf und sagte: „Ja, mit der Reha, die anschließend ansteht, werde ich besser hören können, mit viel Geduld“, betonte der Chefarzt. Ich überlegte nicht lange, denn ich wusste, dass der Tag eines Tages kommen wird und entschied mich sofort für die Operation. Ich selbst wollte so nicht mehr weiterleben und wusste schlechter kann es nicht mehr werden, es kann nur noch bergauf gehen. Ich bekam dann den Termin für die Vorsorgeuntersuchung und den OP-Termin gleich mit. 

Am 12.04.22 war es so weit, genau gesagt der OP-Termin. Ich bin morgens ins Krankenhaus gegangen, bekam ein Zimmer und meine Sachen für die Operation. Dann hieß es warten und warten. Die Zeit, zu warten, bis es in den OP-Saal ging, zog sich sehr in die Länge, genau gesagt waren es fünf Stunden, die ich warten musste. Zum Glück hatte ich in dieser Zeit, seelische und moralische Unterstützung bekommen von meiner Familie und Freundinnen. 

Die Operation verlief problemlos, als ich abends auf meinem Zimmer kam, durfte ich dann erstmal was essen. Leider merkte ich schnell, dass mein Geschmacksnerv wieder getroffen wurde, wie damals 2010 auch. Ich habe die Ruhe bewahrt, denn ich wusste, dass es wieder weggehen wird, spätestens nach dem 5 Tag oder es bleibt für immer.

Ich habe auch starke Schmerzen gehabt und bekam nochmal Schmerzmittel dagegen. Bevor ich schlafen gehen wollte, wurde es mir schlecht und ich musste mich übergeben, doch danach war alles wie weggeblasen und mir ging es sehr gut auf einmal.

Ich legte mich hin und versuchte einigermaßen zu schlafen und mich zu erholen von der CI- Operation. Am nächsten Morgen kam die Krankenschwester herein, um Blutdruck zu messen und zu schauen, wie es mir geht. Mir ging es gut und dieses teilte ich der Krankenschwester mit, doch als sie das Frühstück reinbrachte und ich mich aufrecht hinsetzten wollte, wurde es mir schlecht und ich hatte Kreislaufprobleme, ich fing an zu weinen und bekam Panik.

Die Krankenschwester fragte mich, ob ich eine Infusion mit einem Mittel gegen die Übelkeit bekommen möchte, sie würde es mit den Ärzten abklären. Doch ich wollte es nicht und hoffte, es selbst in den Griff zu bekommen und legte mich hin. Ich muss dazu sagen, ich bin eine Person, die nicht gerne Medikamente nimmt. Doch nach fünf Minuten kam sie nochmal rein und ich bat sie weinend, ihr Angebot doch anzunehmen. Sie klärte es ab und kam dann mit einer Infusionsflasche wieder, in die schon das Mittel gegen Übelkeit reingespritzt wurde und zur Stützung des Kreislaufs.

Sie meinte dann, dass es müde macht, aber es mir danach besser gehen wird. Sie schloss die Infusion an und nach einem Viertel der Infusion schlief ich ein und habe bereits nochmal 1 1/2h bis 2 h geschlafen. Danach wachte ich auf und mir ging es im ersten Moment gut, doch ich hatte Angst mich aufrecht zu setzen. Ich habe mein Kopfteil ein wenig hochgestellt, so dass ich noch ein wenig in der liegenden Position war und versuchte dann, das Brötchen zu essen, das auf meinem Teller war. Im Anschluss klingelte ich, denn ich traute mich nicht allein auf die Toilette zu gehen. Die Krankenschwester unterstützte mich dabei und es lief sehr gut, denn ich hatte keine Kreislaufprobleme mehr sowie auch keine Übelkeitsbeschwerden. Danach durfte ich zum Verbandswechsel, die Ärzte machten mir den Druckverband ab und es war eine Erleichterung, weil der Verband schon sehr fest gewesen war und ich bekam dann eine Ohrenklappe.

Ich blieb noch drei weitere Tage zur Beobachtung im Krankenhaus, aber es verlief alles sehr gut und ich durfte dann am Freitag nach Hause. Warum ich den Tag noch weiß? Weil es genau der Freitag vor dem Osterwochenende war.

Am 16.05.22 war es dann so weit, der große Tag, und zwar die Erstanpassung. Ich war mega aufgeregt und wusste, es ist ein neuer Lebensabschnitt, der auf mich zu kommt. Ich wurde herzlich in der Reha empfangen, einige Gesichter kannte ich noch von damals und einige Gesichter waren neu. Nun war es so weit, ich wurde aufgerufen und es ging zur Anpassung.

Ich bekam den Prozessor, es wurden einige Hörtests gemacht und dann wurde er eingestellt. Ich war sehr überrascht, aber auch überfordert. Denn ich hatte eine ganz andere Erwartung, ich dachte, ich bekomme das CI und höre dann einigermaßen etwas so, wie mit der Vibrant- Soundbridge, ich fange an und höre dann wieder Schritt für Schritt immer besser.

Leider war es nicht die Realität, die Realität sah anders aus. Ich hörte etwas, aber es klang alles metallisch, robotormäßig, jedenfalls nicht natürlich. Doch das Team der Reha sprach mir immer wieder Mut zu und sagte, ich soll geduldiger werden und mir die Zeit nehmen, die das Gehirn auch braucht.

Trotzdem machte ich in der Anpassungswoche bereits gute Fortschritte. Zuhause übte ich fleißig weiter, indem ich das CI links abnahm, um mich rechts besser zu konzentrieren. Ich hörte Lieder, von denen ich den Text kenne, danach fing ich an Sprachmemos abzuhören, nur mit diesem neuen Ohr und es wurde langsam und schleichend besser, aber ich merkte die Fortschritte und war sehr motiviert weiterzumachen. 

Doch im Oktober der Schock, ich hörte rechts auf einmal immer schlechter. Ich war an diesem Tag im Fußballstadion, alles war super gewesen, ich hatte nicht das Gefühl, dass es zu laut war oder ähnliches. Nach dem Spiel ging ich in den Fanshop, beim Rausgehen ging die Alarmanlage an, nein, ich hatte nichts geklaut oder Sonstiges, es waren vermutlich meine Implantate.

Es war so ein hoher Ton, dass ich mich selbst sehr erschrocken hatte. Ich fuhr nach Hause und am nächsten Tag merkte ich, das was nicht stimmt, zuerst dachte ich meine Batterie ist zu schwach und ich wechselte sie, doch ich merkte keine Besserung. Somit wandte ich mich an die Reha, um es abzuklären. Das Team sah kleine Auffälligkeiten, dass die Impedanzen (sind Elektroden, die in der Gehörschnecke verlegt sind) sehr schwankten. Wir versuchten, es erstmals mit lauter Stellen. Ich ging nach Hause und war beruhigt, dass ich wieder besser höre, doch am selben Tag merkte ich, das es sich wieder verschlechterte.

Also wandte ich mich wieder an das Rehateam, wir forderten dann einen Mitarbeiter von Cochlear an, die hatten noch andere Techniken, die wir ausprobierten. Doch er konnte auf den ersten Moment nichts Genaues sagen, aber er vermutete, dass einige Elektroden kaputt sind und die dann Unruhe reinbringen und es sozusagen auf die guten Elektroden übertragen. Ich habe mich mit dem Rehateam zusammengesetzt und wir hatten beschlossen die Elektroden erstmals auszustellen, um zu schauen, ob es sich dann beruhigt und ob es einen Einfluss aufs Hören hätte. Zum Glück wandte sich das Blatt zum Guten und es beruhigte sich und es hat keinen Einfluss mehr auf mein Hören. Ich komme damit sehr gut klar, auch wenn 2-3 Elektroden ausgeschaltet sind.

Ich absolvierte bereits schon zwei weitere Rehawochen und bei jeder werde ich immer besser und bin im Allgemeinen sehr zufrieden und bereue keine einzige Minute diese Operation durchgeführt zu haben. 

Ich kann sagen, wenn ich die CI‘s beidseits trage, merke ich keinen Unterschied im Alltag. Doch habe ich sie einseitig dran, merke ich, dass ich links sehr gut höre und da alles sehr neutral klingt, wenn ich die rechte Seite nur trage, dann merke ich, dass es noch etwas metallisch klingt, aber dies hat sich deutlich verbessert, es ist nicht mehr so extrem, wie ganz am Anfang. Es geht in der Richtung Normalität, ich denke, in ein paar Jahren ist es weg und ich habe dazu gelernt, es gibt immer ein Führungsohr, es wird immer ein Ohr geben, mit welchem man ein klein wenig besser hört als mit der anderen Seite. 

Auch wenn es manchmal Höhen und Tiefen gab oder man Umwege gehen musste, um dort hinzukommen, wo man hinmöchte, habe ich eins ganz besonders gelernt, und zwar geduldiger zu sein und mit viel Geduld und Mut sowie Training kommt man ans Ziel. 

Ich bin glücklich mit meine Blechohren. 

Julia Edler
März 2023