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Mein Leben mit implantierten Hörsystemen

Von Cornelia Schumann

Hallo, mein Name ist Conny. Ich bin eine gesellige, kommunikative Frau, die gerne anderen Menschen zuhört und hilft. Die sich über verschiedene schöne Geräusche und Stimmen von lieben Menschen freuen kann. Aber auch das bin ich. Mittlerweile 41 Jahre alt, praktisch taub und ich kann nur noch mit Hilfe einer Vibrant - Soundbridge hören. Nur anhand der Audiogramme sieht man, dass mein Innenohr noch etwas arbeitet. Im Alter von vier Jahren begannen die Probleme mit den Ohren. Entzündungen, Vereiterungen und Cholesteatome auf beiden Ohren sind dafür verantwortlich, dass ich auf beiden Seiten keine Gehörknöchelchen mehr habe und auch die Leistung meines Innenohres immer mehr nachlässt.

Meine Vibrant Soundbridge

Was ist eine Vibrant Soundbridge (VSB)?

Eine Soundbridge ist ein Mittelohrimplantat. Dabei wird ein Implantat unter der Haut, an der Schädeldecke, gesetzt. Das Implantat enthält eine Elektrode an den am Ende ein kleiner „Schwinger“ (FMT) sitzt. Dieser kleine Schwinger wird entweder an ein Gehörknöchelchen im Mittelohr befestigt und verstärkt dort die Schallwellen, oder er wird am „runden Fenster“ der Cochlea (Innenohr) befestigt. Am „Runden Fenster“ werden die Schwingungen direkt auf das Innenohr übertragen. Dadurch entstehen Höreindrücke.

Wie kam es dazu, mir eine VSB implantieren zu lassen?

2014 war es wieder einmal so weit. Meine aktuelle Versorgung mit den damaligen Hörsystemen reichte nicht mehr aus. Ich verstand mittlerweile nur noch ungefähr 40 % der Gespräche und musste immer mehr nachfragen. Gerade als Betreuungskraft in einem Seniorenheim ist das sehr schlecht. Als Betreuungskraft ist die Kommunikation das wichtigste Arbeitsmittel. Auf der Arbeit führe ich verschiedene Gruppen und Einzelangebote wie zum Beispiel Gesprächsführungen, Gedächtnisübungen, musikalische Runden, kreative Angebote, Gesellschaftsspiele und Bewegungsübungen durch. Dafür muss ich einfach die Bewohner und Kollegen verstehen können. Auch in meiner Funktion als stellvertretende Betriebsrätin und Vertrauensperson der behinderten Kollegen muss ich hören können.

Nach Rücksprache mit meinem Akustiker vereinbarte ich also einen Termin in der Implantat - Sprechstunde der Uniklinik Leipzig. Der zuständige Professor war mir schon viele Jahre bekannt. Ich fühlte mich damit auch sehr gut aufgehoben. Dort wurde erst mal in meine Ohren geschaut und ausführliche Hörtests wurden durchgeführt. Bereits bei diesem Termin wurde mir mitgeteilt, dass man der Meinung sei, mir könnte eventuell eine Vibrant - Soundbridge helfen. Um es abschließend zu klären sollte ich noch ein CT machen lassen. Die ließ ich machen und ging erneut zur Implantat Sprechstunde. Dort entschied man sich mit mir gemeinsam, eine Vibrant Soundbridge auf der linken Seite zu implantieren. Auf der rechten Seite sollte ich das knochenverankerte Hörsystem Ponto weiter nutzen. Dieses hatte ich bereits 1997 als erste Patientin in der Leipziger Uni unter örtlicher Betäubung erhalten.

Bereits drei Wochen später ging ich auf Station. Am Tag der stationären Aufnahme hatte ich das Aufklärungsgespräch für den Eingriff und das Gespräch mit den Anästhesisten. Auch Chefarzt - Visite stand noch auf den Plan.

Am nächsten Morgen wurde ich in den OP geschoben. Zur Beruhigung bekam ich vorher noch eine Tablette. Die wirkte sehr gut. Ich wollte nur noch schlafen, mir war alles egal. Die OP dauerte ungefähr 90 Minuten. Mittags war ich wieder auf meinem Zimmer. Ich war zwar müde und schlapp, ansonsten ging es mir gut. Ein Druckverband zierte mein Kopf. Am späten Nachmittag schaute noch einmal mein Chirurg vorbei. Die OP war sehr gut verlaufen. Ich sollte für eine Woche Druckverband bekommen und in der Klinik bleiben. Die Wundheilung verlief problemlos. Am Entlassungstag wurden die Fäden gezogen und ich bekam eine Ohrenklappe anstelle eines Verbandes. Aufgrund meiner Radikalhöhle hatte ich während der OP eine Tamponade im Gehörgang gelegt bekommen. Diese wurde dann drei Wochen nach dem Eingriff gezogen. Dies ist nichts Schlimmes.

Sechs Wochen nach der OP war es soweit. Der Audioprozessor (Amadé) wurde zum ersten Mal aktiviert. Dafür ging ich zu meinem Akustiker. Zunächst wurde nach der richtigen Magnetstärke für den Prozessor geschaut. Nach dem der Prozessor gut saß wurde jeder einzelne Ton eingestellt. Es war sagenhaft. Die Welt kam mir einfach so laut vor. Ich konnte Sprache wieder viel besser verstehen. Ich hörte wieder Geräusche, die ich schon eine ganze Weile nicht mehr gehört habe.

Zwei Wochen später ging ich dann nochmal zur Feineinstellung. Ich war richtig happy mit der Vibrant Soundbridge. Einfach herrlich und eine viel bessere Lebensqualität

Ich merkte jedoch immer mehr die Ungleichheit zwischen dem rechten und dem linken Ohr. Ich hatte zu der Zeit ja auf der rechten Seite noch das knochenverankerte Hörsystem Ponto, ein an sich tolles Hörsystem. Aufgrund meiner sich ständig verschlechternden Hörleistung aber für mich nicht mehr geeignet.

Also ging ich 2015 wieder zur Sprechstunde. Der durchgeführte Hörtest ergab, dass ich auf der rechten Seite mit dem Gerät nur noch 33 % Sprachverstehen habe. Die Ärzte überlegten, ob sie es mit der Vibrant Soundbridge versorgen oder ob ich doch schon ein Cochlea Implantat bekommen sollte. Ich bin genau im Grenzbereich. Gemeinsam entschieden wir uns, auch auf der rechten Seite eine Vibrant Soundbridge zu implantieren. Die beiden kleinen Schrauben für das knochenverankerte Hörsystem sollten bei der Operation entfernt werden.

Ponto in Situ

Bis zur Operation dauerte es dieses Mal aber noch ein paar Monate. Die OP verlief ohne Komplikationen. Bereits fünf Tage später konnte ich die Klinik verlassen. Die Wundheilung verlief aber diesmal nicht so gut. Das hatte aber nichts mit dem Implantat direkt zu tun. Ich hatte vor der OP bereits ein großes Loch im Trommelfell. Dies wurde während der Operation auch behoben. Leider verheilte diese Stelle nicht so wie sie sollte.

Erst acht Wochen nach dem Eingriff konnte ich die Vibrant Soundbridge aktivieren lassen. Auch dieser Tag war sehr aufregend. Mein Akustiker suchte die passende Magnetstärke aus, setzte das Gerät an und stellte Ton für Ton ein. Komischerweise ließen sich ein paar tiefe Töne an dem Tag noch nicht richtig einstellen. Aber beim folgenden Termin ging es dann.

Bei dem zweiten Termin zur Einstellung der Prozessoren wurden beide Audioprozessoren noch aufeinander abgestimmt. Ein tolles Hörgefühl. Ich habe es auf keinen Fall bereut.

Leider musste zwei Jahre später das Implantat auf der rechten Seite noch einmal ausgewechselt werden. Durch einen Tumor wurde die Elektrode rausgedrückt. Das Kabel lag sichtbar im Gehörgang. Durch den Tumor und die Wunde entstanden Entzündungen. Also wurde ich noch einmal operiert. Der Tumor wurde entfernt und das Implantat ausgewechselt.

Da ich auf der linken Seite den alten Prozessor "Amadé" hatte und rechts den neuen "Samba" hatte, beantragte ich 2019 die Kostenübernahme auch für einen "Samba" auf der linken Seite. Dies wurde ohne Probleme bewilligt.

Dadurch, dass ich nun auf beiden Seiten den gleichen Audioprozessor habe, konnte mir die Einstellung noch einmal zu einem verbesserten Hören verhelfen.

Ich bin sehr glücklich über die verschiedenen Möglichkeiten bei der Versorgung einer Hörschädigung. Ich hatte immer Glück, dass wenn sich mein Gehör verschlechtert hat, etwas Neues auf den Markt kam, was mir helfen konnte =Knochenleitungshörsystem als Taschengerät, Hörbrille, BAHA, Ponto und jetzt VSB!

Und es ist mir eine Beruhigung zu wissen, dass es noch die Möglichkeit eines Cochlea Implantats gibt, sollte sich mein Gehör weiter verschlechtern.

Das Hören ist für mich sehr wichtig und bedeutet einfach Lebensqualität. Es ist einfach schön die Vögel zwitschern zu hören, das Laub rascheln, die Gespräche mit meinen Mitmenschen, Freunden und Familie. 

Cornelia Schumann
April 2021