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Zeit für Veränderungen

Von Sandra Roos

Da haben Sie sich Ihr Ohr ganz schön abgeschossen!“

„Ja, sorry... aber diese Art von Musik hört man halt eben laut!" 

2000er Black, Poolparty im Schwimmbad und Sean Pauls "Temperature" dröhnt in 1 1/2 Metern Entfernung. 

Das war so ca. sechs Jahre nachdem mir der Hals Nasen Ohren-Arzt sagte "Also Konzerte, die lassen Sie wohl besser!"

Ja genau das will man hören und hält sich selbstverständlich im jugendlichen Leichtsinn an alles, was einem der Gott in Weiß so sagt. 

Rückblickend waren schon lange Anzeichen dafür da, dass es nicht unbedingt „normal“ um meine Hörgesundheit bestellt ist. Spiele wie „Flüsterpost“ habe ich gehasst, Spicken war mit mir nicht möglich, weil ich es eh nicht gehört habe, zu peinlichen Situationen ist es im Unterricht leider auch schon mehrfach gekommen.

Den Schwimmunterricht, meine Leidenschaft, musste ich leider an den Nagel hängen, aufgrund dessen, dass ich immer krank war und viel mit Mittelohrentzündungen zu kämpfen hatte. Dabei habe ich es so sehr geliebt und schlecht war ich auch nicht! Aber Gesundheit geht ja vor. Sollte man meinen.... 

Nun war es also soweit, dank meinem Knalltrauma hörte ich auf einmal Mickey Mouse Stimmen und hatte mit dem Gleichgewicht zu kämpfen und da kam zum ersten Mal der Vorschlag „Sie sollten sich vielleicht zum Tragen von Hörgeräten durchringen!" 

"Hallo?!" die sind weder stylish noch günstig, also dauerte es weitere Jahre bis ich es eingesehen habe. Die Mickey Mouse Stimmen gingen, die Hörschwäche blieb und bei jedem Diskobesuch die Angst „Das könnte wieder passieren!" 

Nun trage ich seit 2010, also ca. 11 Jahre Hörgeräte (teilweise mit langen Unterbrechungen, weil man findet ja irgendwie Möglichkeiten sich ohne durch zu wuseln, bzw. nur noch eines, da ich seit vier Wochen eine Vibrant Soundbridge trage (zumindest schonmal das Implantat, der Prozessor kommt noch).

Warum? Weil ich nicht mehr konnte, Trageschmerzen durch vorangegangene Operationen machten es mir unmöglich rechts Geräte zu tragen, Imohrgeräte waren nicht das Richtige für meine Hörschwäche inkl. Belüftungsstörung und das ständige im Ungleichgewicht sein, wollte ich auch nicht mehr. Man wird ja älter und verantwortungsbewusster. .... Was hat sich verändert? Final kann ich das noch nicht sagen, mein Weg ist noch nicht zu Ende, aber die Spannung auf das Hörergebnis ist zum Zerreißen. 

Meine Wünsche für die Zukunft, mehr Toleranz der Mitmenschen, mehr Offenheit, Verständnis, Feinfühligkeit. Von Mobbing über meine Dumboohren, aufgrund dieser OP habe ich kaum Platz für Hörgeräte, über schallendes Gelächter weil „Sandra wieder nix versteht", zu „Boah, krass, du bist noch so jung, das ist doch eigentlich was für alte Menschen" und „Also, wenn du das mit dem Hören nicht hinbekommst, weiß ich nicht ob der Job für dich hier Sinn macht" habe ich nun wirklich genug mit mir selbst zu tun gehabt, gesundheitlich und auch was meinen Selbstwert angeht.

Aber, ich bin stärker denn je und freu mich über diese wundervolle Chance berichten zu dürfen und andere Menschen mit meinen Erfahrungen unterstützen zu dürfen. 

Sandra Roos
April 2021